Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 18.4.2015.
April, April, macht was er will!
Den schrillklirrenden Reim lernen wir in der Volksschule – noch vor der Komplettierung des Alphabets. Zwischen sieben mal sieben und sieben mal acht. Der Sinnspruch dient der Illustration der dialektischen Natur des Wechselmonats und versteht sich als Vorgriff auf dialektisches Denken überhaupt. Es könne schneien in einem April, ist die transportierte Botschaft, mal glutheiss drücken, mal blase lau der Frühlingswind, mal peitsche Regen, mal neble es kalt. Auf jeden Apriltag, der sich nicht an diese Regel halte, folge einer, der sie wieder aufstelle. Tage dauerten bisweilen auch nur einige Minuten lang. Am April sei das untypische typisch, das typische untypisch. Die Erkenntnis brennt sich ein: Etwas ist, wie es nicht ist. Oder gar: Etwas ist, weil es nicht ist.
In einem höheren Sinn werden solcherart schon früh zentrale Weichen gestellt – für die Fahrt in die Innenhöfe der Landesbefindlichkeit. Der April ist der Monat des Jahres mit dem höchsten Grad an Austrizität. Kein Monat ist so Österreich wie der April. Während andere Nationen groß sind oder klein, stolz oder bescheiden, bemüht sich Österreich stets um beides. Beziehungsweise bemüht es sich nicht. Die Kultur des stetigen Unstetigseins ist dem Land eingeschrieben, wie die Kapriole dem Aprilwetter. Kompromisse dienen der Kompromittierung, Ergebnisse folgen Ergebenheit, Ziele werden getroffen, in dem sie verfehlt werden. Es gilt der Handschlag und nicht die Unterschrift. Unmögliches geschieht sofort, Wahrscheinliches nie.
Auch dieser April ist voller Österreich. Das Rauchen wird radikal verboten, aber erst später. Rotgrün ist am Ende, macht aber weiter. Parlamentarische Untersuchungsausschüsse werden öffentlich, bleiben aber geheim. Nach dem Geheimnis seines Erfolgs befragt, bekennt der Superschneeheld, dass seine Schischuhe drei Nummern zu klein sind. Ohne Schmerz fühle er den Hang nicht. Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.
Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 18.4.2015.