Das Ei – hart oder herzlich

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 14/2015.

Liebe Frau Andrea,
hoffentlich ist es noch nicht zu spät für eine wahrlich österliche Anfrage: Es geht um hartgekochte Eier. Wenn ich sie koche (oder fertige Ostereier kaufe), lassen sie sich mit wenigen Handgriffen binnen Sekunden abschälen. Wenn aber meine Freundin harte Eier kocht, ist das Abschälen jedes Mal eine ewige Fitzelei, und eine dicke Schicht des köstlichen Inneren bleibt an den Schalen-Fuzerln kleben. Ich glaube, das hat mit dem Abschrecken (oder eben nicht) nach dem Kochen zu tun, meine Liebste ist überzeugt, dass es um die Frische der Eier geht. Könnten Sie bitte Licht ins eiliche Dunkel bringen?
Danke und liebe Grüße,
Martin Bernert, Boboville, per Email

Lieber Martin,

im Sinne einer österlichen Dramaturgie darf ich Sie mit dem überraschen, was sie erwarten. Recht hat Ihre Liebste. Das Abschrecken hat keinerlei Einfluss auf die Schälbarkeit hartgekochter Eier, es beendet nur den Garungs- (eigentlich Denaturierungs-) Prozess, der sonst noch bis zu drei Minuten andauern würde. Kochen muss das Wasser, in dem Sie ihr Ei denaturieren übrigens nicht, Dotter gerinnt bereits bei einer Temperatur von 65 °C, Eiklar bei 82,5 °C. Diese Temperatur reicht also aus, um “hartgekochte” Eier zu erzeugen. Entscheidend für das Gelingen ist die Länge des Garvorgangs und die Seehöhe des Herdes – pro 285 m sinkt nämlich die benötigte Temperatur um 1° Celsius. Die Schälbarkeit (und das Aroma) hartgekochter Eier – Sie sollten dafür acht bis zehn Minuten Garzeit berechnen – steigt mit ihrem Alter. Einen idealen Reifezustand erreichen Eier zehn bis 14 Tage nach dem Legen. Mit zunehmender Lagerzeit ist genügend Luft durch die Eierschale in das Innere gelangt, Wasser und Kohlenstoffdioxid sind aus dem Ei austreten. Dieser Prozess hat den Zusammenhalt des äußeren Häutchens (es haftet an der Schale) und der inneren Membran (sie ist mit dem Eiweiß verbunden) in Hinblick auf eine ideale Schälbarkeit gelöst. Das Alter roher Eier lässt sich leicht feststellen: Frische Eier gehen in Wasser unter, nur der luftgefüllte Scheitel treibt etwas auf. Ältere Eier stehen senkrecht im Wasser, weil die Luftblase bereits größer geworden ist. Alte Eier schwimmen an der Wasseroberfläche. Letztere empfehlen sich für den Einsatz bei Wahlveranstaltungen und Pressekonferenzen.

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