Umpudern aber richtig

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‘ in Falter 13/2015.

Liebe Frau Andrea,
unlängst sprach ein älterer in einer Runde von Journalistinnen und Journalisten davon, dass eine Geschichte noch ‚umgepudert‘ werden müsse. Das sich darauf einstellende Kichern disqualifizierte er mit der Feststellung, dass das nichts mit dem derben wienerischen Begriff für den Koitus zu tun hätte, da man diesen ja mit ‚B‘ schreibe. Ich widersprach heftig, dass man das Wort sehr wohl mit ‚P‘ schreibe, der schwache Wiener Initialplosiv es aber phonetisch zum ‚B‘ mache – ein dreister Bluff aus meinem Drang zum Widerspruch, außerdem wollte ich ‚Initialplosiv‘ sagen. Wer hat denn nun recht?
In Verbundenheit,
Sebastian Fellner, per Email

Lieber Sebastian,

alles hat mit allem zu tun, insobesondere dann, wenn wir Zusammenhänge herstellen. Diskursmechanisch hat das auch Ihr älterer Kollege erfasst, indem er sein Verb gegen Fehldeutung zu immunisieren versucht. Wie Sie schon richtig andeuten, fallen im Wienerischen alle anlautenden “p” und “b” in einen Zwischenlaut, einen so genannten Halbfortis zusammen. Recht, beziehungsweise unrecht haben Sie beide, denn die Sache mit dem Pudern ist komplex. Gerne wird das aus dem Französischen entlehnte Zeitwort für das Aufbringen von Puder (poudre, aus lateinisch pulvis, Pulver) in Zusammenhang mit der wienerischen Bezeichnung für den Koitus gebracht. Ist doch auch ein ähnliches Wort in Zirkulation, nämlich tupfen (richtiger: dubfm). Das Pudern (Budan) kommt indes vom Buttern, dem stossenden Schlagen von Rahm zu Butter, das früher ebenfalls “budan” ausgesprochen wurde. Mit dem Verschwinden des Butterfasses (und seines Stössels) aus Küche und Haushalt verlor sich auch das bildliche Verständnis für die Metapher. Das Umpudern (umbudan) als Begrifflichkeit für den Vorgang der lustreichen Transformation nimmt also tatsächlich Bezug auf das Pudern (budan), die Mechanik der geschlechtlichen Vereinigung. Wem das Umpudern zu derb erschiene, könnte zum Umschustern (Umschuasdan) wechseln. Es ginge aber durchaus auch direkter. Alternativen zu umpudern wären das Umschnackseln, das Umpempern (Umbempan), das Umtitschkerln (Umditschkaln), und das – nur Hocheingeweihten zugängliche – Umschuarln, Umbomeisln (Umbomasln) und Umbankaniarn.

Ein Gedanke zu „Umpudern aber richtig“

  1. Werte Frau Andrea,
    etwas verspätet habe ich grad Ihre Kolumne aus Falter 46 gelesen:
    Was „pudern“ betrifft möchte ich einwerfen, dass das Wort vielleicht doch von lat. pudere stammt. Im selig Stowasser stand dazu „sich schämen“. So erinnere ich mich.
    Ihr Gerhard Weinwurm

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