Fifty Shades of Grey

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Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 21.2.2015.
Der Roman, mit dessen Titel wir hier spielen, erzählt bekanntlicher- (und unbekanntlicherweise) die Geschichte einer jungen Studentin und eines kaum älteren, aber milliardenschweren Unternehmers. Die Verbindung der beiden ist vom Magnetismus sexueller Praktiken bestimmt, die aus dem sadomasochistischen Formenkreis von Dominanz und Submission stammen. Der Erfolg des schlicht geschriebenen und schlecht recherchierten Erotikziegels hat nicht nur die Literaturkritik auf den Plan gerufen, sondern auch die Soziologie. So legte Eva Illouz, Professorin an der Hebräischen Universität in Jerusalem 2013 einen Essayband über E.L. James‘ Grey-Bestsellertrilogie vor. In einem Interview mit der deutschen Tageszeitung taz resümierte Illouz ihre Anlalysen. “Shades of Grey” spiegle vieles davon, was in modernen Beziehungen Realität sei. Ein wiederkehrendes Thema sei dabei jenes der Unsicherheiten. Für diese halte das Buch eine Formel symbolischer Problemlösung bereit: Sadomasochismus. Dieser sei, so Illouz, ein Weg ist, von Unsicherheit geprägte Identitäten zu restabilisieren. Die philosophische Frage, die dabei gestellt werden könne, erwarte die Antwort darauf, inwieweit ein Partner seinen Willen zugunsten des Willens des anderen Partners abzuändern bereit sei – weil der eine den anderen liebe. Illouz bezieht sich auf die im Roman beschriebenen Protagonisten. Ein junges Ding aus der Welt der Sehnsüchte und der Sprachkraft. Und einen saturierten Sadisten aus der Welt der Hyperkapitalisierung. Der essayistische Befund der renommierten Soziologieprofessorin reicht weiter. Wir dürfen ihn an eine republikkonstituierende Beziehung anlegen. Jene zwischen einer jungen urbanen Liebesbedürftigen und einem altklugen Provinzprinzen. Gemeint sind die österreichische Sozialdemokratie und der Bund der Bünde, die Volkspartei. In masochistischer Manier wirft sich die Unsichere dem sadistischen Grantscherm in die Arme. In der Hoffnung auf eine Zukunft stabilisiert sie dabei eine einzige Wahrscheinlichkeit. Die, keine Zukunft zu haben.
Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 21.2.2015.

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