Seltsame Paare

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Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 22.11.2014.
Sie näherte sich ganz langsam, in Schrittgeschwindigkeit (wenn dies irdische Maß in den dunklen Weiten unseres Sonnensystems gelten darf). Sieben Stunden dauerte Philaes sanfter Abstieg von Satellitenmutter Rosetta auf den Kometen mit dem unaussprechlichen, weil russischen Namen. Der Komet war Annäherungen nicht gewohnt und warf die Sonde wieder ab. Philae taumelte zurück in den Weltraum. Der parabolische Sprung des Kometenbesuchskasten dauerte knapp zwei Stunden.
Erst in tausend Metern Scheitelhöhe besann sich der Lander wieder eines Zurückfallens. Diesmal war der Komet schon professioneller im Belandetwerden. Nur kurze sieben Minuten dauerte Philaes zweite Zurückweisung, bis sich die kühlschrankgrosse Besucherin mit einem dritten und endgültigen Aufsetzen in den pockennarbigen Scheitel von Komet Tschuri grub. Wo genau das ist, wissen die Flugdynamiker von der Europäischen Europäischen Weltraumorganisation noch nicht. Lander Philae hat das süsse Geheimnis seiner Begegnungsfläche mit dem kleineren Kopf des Kometen noch nicht mitgeteilt. Ist das wo noch unbekannt, gibt es mehr Informationen um das wie. Philae steht schief und schattig im steineren Schorf des Schweifsternes. Das Tête-à-Tête des ungleichen Paares ähnelt dabei weniger einem Kopfzusammenstecken, als dem Verhältnis, das ein Buckelwal mit einer dreibeinigen Krabbe eingehen kann.
Philaes Untersuchungen an Tschuri konnte überdies nur kurze Zeit belauscht werden. Philae ist zwar rund 510 Millionen Kilometer oder kurzweilige 28 Funkminuten von uns entfernt, irgendwo zwischen Jupiter und Mars, aber sie leidet unter technologischer Unbill, die irdischen Urlaubern wohlbekannt ist. Nach dreimaligem Ankommen sitzt sie am falschen Ort, hat zuviel Schatten und der Akku ist auch leer. Kometentouristin Philae hat ganz normale Probleme aus den Nullerjahren. Von da kommt sie ja. Und irgendwie rührt uns das. Sonde Philae und Komet 67P/Tschurjumov-Gerasimenko werden auf ewig ein Paar bleiben. Werden wir je wieder von ihnen hören? Im Kometensommer. Vielleicht.
Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 22.11.2014.

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