Ufersam – Wien und Budapest

Für meine Kolumne FRAGEN SIE FRAU ANDREA in Falter 45/2014.

Liebe Frau Andrea,
mein Vater (Neurobiologe) behauptet, die Ortsnamen Wien und Budapest bedeuten das gleiche, nur wisse das keiner. Meine Mutter (Psychoanalytikerin) hält dem entgegen, zweiteres stimme, ersteres hätte er gerne. Welcher Lehrmeinung soll ich (Physiker) mich anschließen?
Beste Grüsse sendet Leonhard Hofstädter,
1030 Wien, per Mail

Lieber Leonhard,

klären wir zunächst die Herkunft des Ortsnamen von Wien. Nach gängiger Etymologie stammt der vom Fluss Wien. Dieser wiederum soll eine Verschleifung des keltischen “Vedunia” (Waldbach) sein. Der römische Name Wiens, Vindobona, kommt ebenfalls aus dem Keltischen – er bedeutet soviel wie Weisser (vindo) Berg (bona). Im Namen Wien (wienerisch: Wean) hat er aber sprachlich keine Spur hinterlassen. Begeben wir uns flussabwärts. Der Name Budapest entstand 1873 mit der Vereinigung der Stadtteile Buda und Pest, westlich und östlich der Donau. Deren sprachliche Ursprünge sind einigermassen obskur. Schon im Mittelalter leitete man den Namen der Siedlung auf und um den Burgberg von Bleda (Buda) ab, so der Name des Bruders von Hunnenkönig Attila. Eine alternative Etymologie schlägt vor, in Buda das slawische “voda”(Wasser) zu sehen, die Übersetzung der römischen Siedlung Aquincum. Für Pest gibt es einen Anknüpfungspunkt im Namen einer römerzeitlichen Festung, die Ptolemäus als “Pession” bezeichnete. Nach anderer Theorie kommt “Pest” (ungarisch Pescht ausgesprochen) entweder vom slawischen “Peschera” für Höhle oder von “Petsch”, soviel wie Ofen. Man vermutet, dass dieses Wort über Bulgarisch pešt (Pescht) ins Ungarische gekommen ist, es gehört zur gut bezeugten slawischen Wortfamilie „backen, braten“. Ofen war nun auch die deutsche Bezeichnung von Pest, was dieser Version einiges, wenn auch nicht sämtliches Gewicht verleiht. Was hat das nun mit Wien zu tun? In den meisten slawischen Sprachen heisst die Bundeshauptsatdt von Schnitzelland Beč (Bedsch). Die Bezeichnung kommt aus dem Ungarischen, wo Wien seit den Zeiten der magyarischen Herrschaft im 9. und 10. Jahrhundert Bécs (Bedsch), soviel wie Steilufer heißt. Nicht undenkbar, dass ihr Vater recht hat und Bedsch (Wien) und Beschd (Pest) das gleiche bedeuten.

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