Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 27.9.2014.
Wir gehen jetzt miteinander, hieß das in der Schule, wenn sich zwei, in pubertärer Verliebtheit verbunden, als Paar verstanden. Wir gehen miteinander – hieß Händchenhalten am Schulweg und Schmuserausch im Dunkel des Kinos. Ganz genau wusste man nicht, was da ablief, während es passierte und noch weniger Ahnung hatte man davon, wie das ging. Machte man es richtig? Was war das überhaupt, das Gemeinsame? Diese durch das Irresein an den eigenen Gefühlen ausgelöste Verstörung. Sie war einzigartig und teilsam zugleich. Sogar die Alleinstehenden konnten mitreden, weil sie die Äußerlichkeiten des Miteinandergehens als Ritualmatrize ständig vorgeführt bekamen. In der Bilderfibel Bravo las man, wie das in Deutschland ging, dort, wo alles von Gründlichkeit durchzogen war und vom Gestus der Perfektion. Sogar das Scheitern hatte in den Fotostories mehr logistische Würde, als in der Wirklichkeit jugendlicher Österreicherei. Tu felix Austria, nube. Der launige Spruch aus den Herzenstiefen fürstlichen Denkens erinnert daran, dass Ländereien einst, so sie nicht durch Krieg zusammenkamen, bei Vermählungen zusammengeschmiedet wurden. In mehr oder weniger heißer Esse. Auf dem Amboß dynastischer Liebe. Oder was man dafür hielt.
Schottland und England gehen also wieder miteinander. Als die Kaledonier sich angeschickt hatten, mit dem Händchenhalten aufzuhören, war Mutti Queen aus Albion auf den Plan getreten. Überleg Dir das gut, hatte die Monarchin geraunt. Ein paar Tage war die Zukunft ungewiss gewesen. Und dann ging Schottland wieder mit England. Aber wie geht gehen gut? Wie groß muß das Miteinander sein? Niemand weiß es, es gibt kein Bravo für Nationen. Keine Photostories und auch nicht Dr. Sommerschen Rat. Die Geschichtsbücher kennen die absurdesten Verbindungen. Und undenkbare Trennungen. Und doch ist es wie in der Schule. Wer den gleichen Schulweg hat, weil die Häuser neben einander stehen, hat grössere Chancen auf gemeinsame Verstörung. Aber auch hier gilt die Erkenntnis: Niemand weiß, was das ist, das Gemeinsame. Und sogar die Alleinstehenden können mitreden.