Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 33/2014
Liebe Frau Andrea,
schon des längeren frage ich mich, welchen Ursprung die dicke schwarze Schnur hat, die Scheichs und manche andere orientalische Männer als Befestigung (?) ihrer Kopftücher tragen. Ist das regionale Kluft oder eine Art Rangabzeichen für Chefs?
Vielen Dank im Voraus und beste Grüße,
Lovisa Weiss, per Facebookdirektnachricht
Liebe Lovisa,
das gesuchte Modeaccessoire wird Agal (auch Iqal, Egal oder Igal) genannt, nach dem arabischen Wort iqāl (Band oder Schnur). Die meist schwarze Kordel besteht aus einem Wollkern aus Kamel- oder Ziegenhaar, um den sehr straff schwarze Fäden gewickelt sind. In der meistgebräuchlichen Variante ist die steife Schnur an den Enden verbunden und wird, zu einer Doppelschlinge geschlagen, dazu verwendet, das traditionell von Männern getragene Kopftuch Ghutra (auch Kufiya oder Shmagh) am Kopf zu befestigen. Der meist unsichtbarer dritte Bestandteil dieser orientalischen Kopftracht ist die unter dem Tuch getragene Taqiya, eine wollene Häkelmütze, ohne die das Tuch verrutschen würde. Das Tragen des Agals ist prinzipiell nicht an Standesgrenzen gebunden. Vom einfachen Bauern bis zum König kann ihn jeder tragen. Unterschiede gibt es allenfalls, was Design und Wert betreffen, sie markieren Zugehörigkeiten zu Clans und Stämmen und dienen der Illustration von gesellschaftlichen Unterschieden. Imposante, mehrfach geschlungene, an Kronen erinnernde Agals trugen Lawrence von Arabien, König Faisal und Frank Zappa (als Sheik Yerbouti). Trotz seiner weitgehend auf die arabische Welt beschränkten Verbreitung, hat der Agal europäische Wurzeln. Der Legende nach soll der Kalif angesichts des Zusammenbruchs der islamischen Herrschaft in Andalusien den Männer des Landes aufgetragen haben, als Zeichen der Trauer schwarze Kopfbänder zu tragen. Eine andere Version der Geschichte erzählt von wütenden Frauen, die sich aus Zorn über die mangelnde Bereitschaft ihrer Männer, den Islam zu verteidigen, die Haare ausgerissen hätten, um damit nach ihnen zu werfen. Die Männer sollen daraufhin aus Scham und Schuldbewusstsein die Locken ihrer Frauen um den Kopf gewickelt haben. Wahrscheinlicher als diese Sage ist jenes Erklärmodell, nach dem Beduinen schwarze Schnüre am Kopf trugen, um im Bedarfsfall ihre Kamele damit anzubinden. www.comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina