Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 32/2014
Liebe Frau Andrea,
jetzt bin ich doch schon gefühlte Jahrhunderte im Internet, bitte woher kommen die Email-Adress-Feld-Bezeichnungen “cc” und “bcc” eigentlich? Meine Auskennerfreunde erzählen mir Widersprüchliches. Bitte um Aufklärung!
Vielen Dank im Voraus und beste Grüße,
Christine Martin, per Email.
Liebe Christine,
wir dürfen davon ausgehen, dass Sie über die Adressfeldbestellung im gobalen Dorf besser Bescheid wissen, als sie hier zugeben und nur Affirmationen benötigen. Folgen wir den Medientheoretikern Marshall McLuhan und Friedrich Kittler und begeben uns aus Gründen der Veranschaulichung der Zusammenhänge auf die Stufe der Vorgängertechnologie. Bevor Kanzleien und Büros dazu übergingen, schriftliche Nachrichten per Email zu verschicken, bedienten sie sich weitgehend des maschingeschriebenen Briefes. Ein typischer Geschäftsbrief enthielt neben der Nachricht auch die Namen und Adressdaten von Sender und Empfänger. Um bei ausgehenden Briefen eine gleichlautende (und gleich aussehende) Kopie zu erhalten, verwendeten Sekretärinnen und Sekretäre sogenanntes Durchschlagpapier. Dies war ein dünnes Blatt, dessen Rückseite mit einer leicht abreibbaren, kohlehältigen Substanz beschichtet war. Das Durchschlagpapier wurde zwischen das zu beschreibende Blatt und den Durchschlag (die zu erzeugende Kopie) gelegt, gemeinsam in die Schreibmaschine eingespannt und mit dieser beschrieben. Jeder Anschlag drückte sich durch Papier und Durchschlag und damit auch ganze Texte. Auch handschriftliche Durchschläge waren möglich, soferne man nur fest genug schrieb. In Fällen von Bedarf nach mehreren Durchschlägen verwendete man für diese dünneres Papier, weil mit jeder zusätzlichen Schicht die Kopien blasser wurden. Im Englischen firmierte Durchschlagpapier (auch Durchschreibepapier oder Kohlepapier) als “carbon paper”. Die Durchschlagkopie war die “carbon copy”. An wen Durchschläge gingen, wurde im Brief auch vermerkt und mit dem Kürzel “cc” bezeichnet. Durchschläge, die an Ungenannte gingen, hießen intern “blind cc”, kurz “bcc”. Die IT-Technolgie “Email” hat diese anglosächsischen Distributionsbezeichnungen beibehalten. Im Sinne McLuhans Diktum, das Medium sei die Message, ist nicht der Text der Kern jeder Email, sondern die Adresssaten in “cc” und “bcc”. www.comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina