Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 28. Juni 2014.
Den vielen Vorzügen, die der Sommer mit sich bringt, stehen nur wenige Nachteile entgegen. Gelten Extremhitze oder Gelsenplage noch als tolerable, weil allfällige und vor allem natürliche Begleiterscheinungen der Jahresmitte, finden menschengemachte Vorkommnisse weniger Urteilsmilde. Neben Baustellenlärm und Touristenflut ist es vor allem das jährliche Sommerloch, das mit Skepsis und Ablehnung bedacht wird. Völlig zu Unrecht, wie wir gleich sehen werden. Die Konjunktur der seltsamen Pressemeldungen, sie gelten traditionell Sichtungen des scheuen Monsters von Loch Ness und anderer verhaltensauffälliger Tiere aus der Kryptozoologie, wird vom Publikum als seicht und konturenlos wahrgenommen. Gänzlich in Misskredit gerät dabei das Sprachbild selbst. Sommer (gut) und Loch (schlecht) werden in sträflicher Methaphernlust aneinander gekettet. Was genau ist jetzt schlecht am Loch? Welcher Sommerhit hätte je aufgelegt werden können, ohne das zentrales Nichts im Nabel einer Schallplatte? Welche laumilde Kinonacht hätte je stattgefunden, ohne Perforationslöcher in einer Filmkopie? Musik-Cassetten und ihre klobigen Cousins, die VHS-Cassetten, hätten keine einzige Party befeuert und niemals einen Heimabend versüsst, ohne die gezähnten Löcher in ihren klapprigen Magnetbandspulen. Nun mag eingewendet werden, dass hier von historischen Löchern berichtet wird, moderne Unterhaltung aber auf digitale Information setze. Diese lasse sich lochfrei abspielen. Ach? Und wo stecken wir unseren Kopfhörer an? Wo den USB-Stecker, wo das Ladekabel? Löcher. Löcher also, wohin wir sehen. Noch immer. Auch im Sommer, gerade im Sommer. Bliebe ein Rat für die Schreibenden unter uns. Wie wäre es, Kolleginnen und Kollegen, wenn wir sommers weniger über Katzen und Könige berichteten, mehr hingegen über die brennenden Themen der Zeit? Wenn wir uns variantenreich fragten, wie die Gesellschaft wieder ins Lot geriete, wie die Natur und wie das Seelenheil des Einzelnen? Auch das Unaussprechliche – das Meldungsloch – liesse sich exemplifizieren. Mit Schlagzeilen wie dieser: “Heute nichts passiert. Und das ist gut so. Danke, Sommerloch.”