Fußball und Aufstieg

Für meine illustrierte Kolumne in den Salzburger Nachrichten vom 14. Juni 2014.

Fußball gilt vielen als die wichtigste Erfindung der Menschheit. Der Tanz am grünen Rasen kommt gänzlich ohne Feuer oder das Rad aus (die beiden anderen wichtigsten Erfindungen der Menschheit). Viel ist geschrieben und gedacht worden über die friedenstiftende Kraft, die dem Kicken innewohnt. Man hat für diese Theorie ins Treffen geführt, dass der Krieg zwischen Städten, Ländern und Nationen obsolet sei, seit sich feindliche Männer in Form von Fußballmannschaften einem ritualisierten Kampf unterwerfen können, der zu Ergebnissen führt, die weder in Blut noch Menschenleben gemessen wird, sondern in Toren, Punkten und Pokalen. (Dass die Theorie hinkt, spielt keine Rolle, denn hinken gehört zum fussballerischen Repertoire.) Ein anderes Theoriekonvolut beschäftigt sich mit dem Chancengewinn, der jungen Männern mit migrantischem oder proletarischem Hintergund offensteht, handelt es sich beim Fußball doch um ein Oberklassespiel, das vorwiegend von Talenten aus der Unterklasse betrieben wird. Diese Theorie wird von der Tatsache gefoult, dass die Geschäfte, die mit Fußball gemacht werden, in den Händen weniger Oligarchen und noch weniger Sportartikelkonzerne liegen. Hin und wieder hält ein Schiedsrichter die Hand auf, oder ein Tormann mit Kapitalbedarf, denn Geld wird im Fußball auch mit Wetten gemacht. Womit wir in Österreich wären und bei den Fußballkonsumenten. Das Land der Berge hat sich relativ konsequent aus dem internationalen Fußball verabschiedet, was von einigen zwar beklagt wird, von der Mehrheit aber als wahrhaftige Projektion der eigenen Möglichkeiten verstanden wird. Dabei sein, heißt eingeschaltet zu haben. Österreichs Fußballbewegte haben das Zusehen längst zum einzigen eigenen Spiel ausgebaut. Das hat nicht wenige Vorteile. Ganze Sehergemeinschaften, sie finden einander bei Bier und Bier in der Public-Screening-Gastronomie, können rechtzeitig zur besseren Mannschaft halten und so unangestrengt und risikolos bei den Siegern sein. Für Nostalgiker wiederholt das öffentlich rechtliche Fernsehen regelmässig die unvergessene Nationalerinnerung, neuerdings in voller Spiellänge: Cordoba. Ein Sieg für die Ewigkeit.

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