Kurze Sendungen von Belang

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 21/2014
Liebe Frau Andrea,
im deutschen öffentlichen TV können wir jetzt anlässlich der EU Wahl die absurden Belangsendungen der Parteien sehen, leider gibt es diese in Österreich nicht mehr. Doch woher kommt der Name Belangsendung? Denn von Belang ist doch hier kaum was. Ersuche um Aufklärung!
Mit bestem Dank, Eva Blimlinger,
per Gesichtsbuch-Direktnachricht
Liebe Eva,
die politische Fernsehwerbung in Österreich stand bis zum Erlaß des Rundfunkgesetzes 1967 im Zeichen des Proporzes der beiden damaligen Großparteien ÖVP und SPÖ. Um “objektive Information der Allgemeinheit in Form von Nachrichten, Reportagen, Kommentaren und Stellungnahmen und sachlicher Kritik am öffentlichen Leben, unter Berücksichtigung wichtiger Aussagen der öffentlichen Meinung“ zu gewährleisten, wurde parteipolitische Reklame massiv reglementiert. Sendungen der politischen Parteien und der Interessensverbände (Arbeiterkammer, Bundeswirtschaftskammern, Landwirtschaftskammern, Industriellenvereinigung und Österreichischer Gewerkschaftsbund) wurden mit maximal 1 Prozent des jeweiligen Programms festgesetzt. Bis 2001 wurden den Parteien entsprechend ihrer Mandatsstärke im Parlament fünfminütige Slots vor der ZiB-1 zur Verfügung gestellt, das Kaufen von Werbezeit war untersagt. 2001 schliesslich wurde die Gratis-Werbezeit für Parteien ganz gestrichen, das Verbot für Parteien, im öffentlich-rechtlichen Fernsehen oder Radio Sendezeit zu kaufen, wurde bekräftigt. Die Parteien können seither nur in den Österreich-Werbefenstern deutscher Privatsender Werbsepots schalten, wegen der relativ geringen Reichweite ist das aber nur eingeschränkt interessant. Der überaus österreichisch anmutende Ausdruck “Belangsendung” wurde von den Autoren der Gesetzestexte nicht explizit verwendet, die Kommentatoren sprechen ihn dem Volksmund zu. Bei Volksmund ist indes stets an die Volkspartei zu denken. In deren Dunstkreis etablierte sich der Begriff. Legendär wurde die sedative Monotonie der 70erjahre-Werbeschaltung “Das grüne Argument”. Diese begann und endete mit den ewigen Worten: “Eine Belangsendung der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern”.

www.comandantina.com dusl@falter.at Twitter: @Comandantina

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