Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 12/2014
Liebe Frau Andrea,
dass Ihre Kolumne erhebliche Umwälzungen des Geschehens am Erdenball bewirkt, ist allseits bekannt. Unser Diskurs in Falter 03/2008 hinsichtlich der falschen Einreihung von Wurstradln in Bezug auf die Öffnungsrichtung der Abdeckfolie führte bekanntlich zum radikalen Umdenken in der Plastikverpackungsindustrie. Nicht gelöst ist ein anderes Problem. Der CD-DVD-Hüllenverschweißungserfinder wurde immer noch nicht auf einem Baum aufgeknüpft.
Josef Schneider, per NSA-Archivalie
Lieber Josef,
für Ihren Wunsch hätten Sie vor dem 13. Juli 1954 nach Zürich reisen müssen, um den Schweizer Chemiker und Textilingenieur Jacques Edwin Brandenberger noch vor seinem Ableben aufzusuchen. Brandenberger, der jüngste promovierte Chemiker der Schweiz hatte 1900 bei einem Restaurantbesuch Rotwein auf dem Tischtuch verschüttet. In Folge des Missgeschicks entwickelte er den festen und überaus eidgenössischen Wunsch, Tischtextilien zu erfinden, auf denen Malheure mit Flüssigkeiten folgenlos blieben. Brandenberger scheiterte zwar in Bezug auf seinen ursprünglichen Erfindewunsch, hatte aber nach mehr als 10 Jahren Forschung mit einem Spin-off der Tischtuchdichtmacherei ein viel besseres Produkt entwickelt: Cellulosehydrat oder Zellglas. Aus der Bezeichnung für den natürlichen Rohstoff Zellulose und dem griechischen Wort diaphan (durchsichtig) setzte Brandenberger den Markennamen seiner Erfindung zusammen: Cellophane – Zellophan. 1923 holte Brandenbergers Firma La Cellophane S.A. den Chemieriesen Du Pont ins Joint-Venture-Boot, um den US-Markt mit durchsichtigen Verpackungsfolien zu fluten. Der steinreiche Brandenberger wurde noch steinreicher. Bis in die 50erjahre war Zellophan der Verpackungsrenner. Noch heute werden Kekse, Zuckerl und Zigaretten in Zellophan verpackt. Und CDs. Als Verpackungsmaterial für Silberscheibenschachteln hat das schwer einreissbare Zellophan, anders als bei Büchern, wegen seiner Falzbarkeit Dauer-Konjunktur – in Schrumpffolien verschweisste CDs lassen sich wegen der unregelmässigen Wülste an den Schrumpfnähten nicht gut stehend präsentieren. Fragen des menschenwürdigen Öffnens von Tonträgern sind der Musikindustrie kein Anliegen. Fassen wir zusammen: Wer hat’s erfunden? Die Schweizer. www.comandantina.com dusl@falter.at