Das Burgtheater

Für meine Doppel-Kolumne im Heftteil ‚Freizeit‘ der Salzburger Nachrichten vom 15.3.2014

Der wichtigste Posten, der in Österreich bekleidet werden kann, ist der des Burgtheaterdirektors. Vergessen wir den Bundespräsidenten der Republik, den Bundeskanzler, Vizekanzler, das Präsidium des Nationalrats. Auch die Säckelwartschaft im Finanzministerium, die Zeichnungsberechtigung im Rechnungshof oder die romgeschuldete Kardinalswürde. Kein Vergleich. Alles Tinnef und von niedrigem Rang. Denn nichts ist höher gestellt, nichts wichtiger und nichts von größerem Glanz umstrahlt als die Chefsesselinhabung des Burgtheaters. Viele der Amtsträger am Deutschen Nationaltheater (so heißt die Bude am Ring unter Eingeweihten) haben das erkannt, Claus Peymann hat es ausgesprochen, aber es bedurfte eines Matthias Hartmann, um dieser Erkenntnis glanzvoll Raum zu geben. Das Burgtheater, die Wirkungsstätte des primus inter artifices, des Ersten unter den Künstlern, leitet seine Wichtigkeit aus dem habsburgischen Gottesgnadentum ab. War doch des Erzhauses größter Spaß neben dem Heiraten das Musizieren und in Krönung beider Disziplinen das Schauspiel. In konsequenter Fortsetzung gab es im Staat keinen Höheren als jenen, der den Kaiser und seinen Hofstaat belustigen und erbauen durfte. Seit es keinen Kaiser mehr gibt, ist der Burgtheaterdirektor der Höchste, der Herrscher über jegliches Spiel. Der Fürst der Sprache, der König der Gesten, der Imperator aller Texte. Alles unter dem Burgtheater ist Subkultur, Proletenspiel, billige Schmiere. Gedankenhoheit aber verführt zu Cäsarenwahn. Lang hat Matthias Hartmann (viele hielten ihn wegen der gespielten Bescheidenheit und dem Faible für Bargeld für einen Schweizer) den Verlockungen der Hybris widerstanden. Aber worin bestand der Hochmut des Matthias Hartmann? War er nicht dem Amt geschuldet? Ist theaterkönigliche Eitelkeit nicht Grundpfeiler des Anforderungsprofils? Wie auch fürstlicher Habitus und Großzügigkeit in der Administration der Kasse? Gewiss. Der Obersthofspielleiter wurde auch nicht wegen schnöselhafter Malefikation oder künstlerischer Unpässlichkeit gestanzt, sondern wegen Weinerlichkeit und Textunsicherheit. Dies steht dem höchsten Amtsträger des Sprachraums nicht zu Gesicht. Der Abgang Hartmanns war unausweichlich.

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