Gott und Gruss – vom Österreichischen Servus

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 48/2013
Liebe Frau Andrea,
schon seit Jahren grüble ich ob der Frage, wie ich dem in Österreich üblichen, mir aber zu klerikalen ‘Grüss Gott!’ entkommen kann. ‘Guten Tag’ wie unsere Deutschen Freunde zu sagen, widerstrebt mir allerdings. Bitte um Hilfe!
Manfred Kegler,
Leopoldstadt, per Email
Lieber Manfred,
Die weitverbreitete Formel ‘Grüss Gott!’ darf nicht als Aufforderung missverstanden werden, Gott zu grüssen. Das Wort ‘grüssen’ hatte ursprünglich auch die Bedeutung ‘segnen’. Katholifizierte Österreicher kennen die Wendung aus dem Ave Maria. Dort heißt es: “Gegrüßet seist Du, Maria…“, was soviel bedeutet wie: “Gesegnet seist Du, Maria…”. ‘Grüß Gott’ wurde im 19. Jahrhundert von der katholischen Geistlichkeit propagiert und hat sich in Süddeutschland, Österreich und Südtirol zum Standardgruss entwickelt, der mittlerweile auch von Sozialdemokraten und Umstürzlern bedenkenlos verwendet wird. In seiner gebräuchlichen Form wird ‘Grüß Gott!’ meistens auf dem zweiten Wort betont. Das kann bisweilen wie ‘Sgott’ klingen. Wollten Sie zielgenauer grüssen, sollten Sie zum ‘Griassdi’ wechseln. Wo die Wiener und die von ihnen Sprachbeeinflussten ‘Seawas’ sagen, sagt der Rest Österreichs (mit Ausnahme des ‘Heile’ schmetternden Vorarlbergs) ‘Griassdi’. Das heist soviel wie ‘Grüss Dich’. Gilt es, mehrere zu begrüssen, tritt das ‘Griassenk’ auf den Plan (bis auf Gegenden Tirols, die dafür ‘Griassachch’ verwenden). ‘Griassdi’ ist der häugfigste Gruss auf der Wiener Uni. Er steht bei den oberösterreichischen Studenten, die die Majorität unter den Nationen der Alma Mater Rudolphina stellen, in grosser Blüte. ‘Griassdi’ gehört aber auch zum Klingeln zweier zusammengestossener Obstlergläser. Sollte ihnen die Formel zu rustikal sein, könnten sie das jovial-antiklerikale ‘Grüssie’ (’Grüss Sie’) in Stellung bringen, wie es im Schmalspuringenieurswesen, bei den Herrenfrisören und in jenen Gewerkschafterkreisen zu Gange ist, die sich vom sozialdemokratischen ‘Fröndschaft’ entfernt haben. Bliebe noch ‘Servus’, von dem es zwei Sorten gibt, das ‘Hohe Servus’, mit dem sich Sektionschefs begrüssen, wenn sie einander im Foyer des Musikvereinsgebäudes begegnen, und das ‘Niedrige Servus’ – das ‘Sers’, ‘Sas’, ‘Seas’ ausgesprochen wird. Alsdann Ciao!
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