Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 47/2013
Liebe Frau Andrea,
kennen Sie eigentlich Krethi und Plethi? In meinem Bekanntenkreis wird oft von den beiden gesprochen, aber wenn ich nachfrage, wer die beiden sind, ernte ich nur Lachen. In Wien scheinen die beiden stadtbekannt zu sein, aber ich bin ja zugewandert. Bitte helfen Sie mir!
Lena Schnaiter,
Wien/Berlin, per Smalt
Liebe Lena,
als gebürtiger Wienerin sind mir Kevin Krethi und Chantal Plethi und ihre weitverzweigte Entourage keine Unbekannten. Sie tauchen stets mit ihresgleichen auf und selten ist es beobachtet worden, dass sich irgend jemand ihres Besuches gerühmt hätte. Genau genommen existieren Krethi und Plethi nicht als leibhaftige Personen, zumindest wird man auf Facebook und im zentralen Melderegister vergebens nach ihnen suchen. Von Krethi und Plethi wird immer dann gesprochen, wenn es gilt, ein Publikum zu bezeichnen, für die auch die Ausdrücke ‘Hinz und Kunz’, beziehungsweise ‘Gschaftl und Huber’ nicht unangebracht wären. Tatsächlich sind Krethi und Plethi biblische Gestalten. Wir finden sie erstmals im Alten Testament im 2. Buch Samuel 8.18. Dort wird die Leibwache König Davids als Krethi und Plethi bezeichnet. Schon den griechischen Übersetzern der Tora, den Septuaginta, scheint die ursprüngliche Bedeutung der Namen nicht mehr bekannt gewesen zu sein. Auch die lateinischen Bibelübersetzer der Vulgata und später Luther brachten wenig Licht in die Sache, sie sahen in Krethi und Plethi den zusammengelaufenen Pöbel, eine Deutung, die seit dem 16. Jahrhundert als Redewendung belegt ist. Die Sprachwissenschaft leitet die beiden Namen aus den hebräischen Appelativa für ‘hauen, töten’ und ‘entfliehen, forteilen’ ab. Krethi und Plethi wären demnach die Scharfrichter und Eilboten des Königs gewesen, eine Elitetruppe. Manche Bibelwissenschaftler sehen in den Krethi den Volksstamm der Südphilister und in den Plethi jener der Nordphilister, diese wären möglicherweise Immigranten zweier Einwanderunswellen von der Insel Kreta. Die Krethi wären Kreter gewesen, die Plethi Pelasger. König David habe sich bei seiner Leibwache auf ausländische Söldner verlassen, wie später die römischen Kaiser auf germanische und die Päpste und die französischen Könige auf Schweizergardisten. Habt Acht! www.comandantina.com dusl@falter.at