Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 23/2013
Liebe Frau Andrea,
schon wieder in die Haare gekriegt wegen eines Wortes. Die einen in unserer abendlichen Runde behaupteten steif und fest, ein einzigartiger Zufall, der alles ändert hiesse fachgerecht Synchronicity, die anderen meinten, das richtige Wort sei Sirenedity. Was ist jetzt bitte richtig?
Eva Possanner, Leopoldstadt, per Smalt
Liebe Eva,
Synchronicity, deutsch Synchronizität, ist die Erfahrung des zeitlichen Zusammentreffens zweier oder mehrerer Ereignisse, die nicht kausal verknüft sind, jedoch als zusammengehörig und sinnvoll miteinander verbunden gedeutet werden. Der Begriff wurde vom Schweizer Psychiater und Psychologen Carl Gustav Jung eingeführt. Sirenedity existiert nur in der Vorstellung ihrer Freunde, gibt uns aber einen Hinweis auf den gesuchten Begriff. Die zufällige, überraschende, weitreichende und scharfsinnig erkannte Entdeckung wird mit dem Kunstwort Serendipity bezeichnet. Beispiele für dieses Prinzip sind die Entdeckung des Penizilins, der Röntgenstrahlung, die Erfindung von Post-it, Teflon und LSD. Auch der Klettverschluss und Kolumbus’ Entdeckung Amerikas fanden im Rahmen von Serendipity statt. Die Autorenschaft am Neologismus wird dem britischen Gothic-Novel-Autor, Oberhauspolitiker und Junggesellen Horace Walpole, IV. Earl of Orford (1717-97) zugesprochen. In einem Brief an einen Freund schildert er ausführlich die Entstehungsgeschichte des Begriffes. Er bezieht sich auf das orientalische Märchen der “Drei Prinzen von Serendip”, die abenteuerlich durch die Fremde reisend, am laufernden Band Proben ihres Scharfsinns geben. Wichtige Ingredienzen von Serendipity seien ‘accident’ (Zufall) und ‘sagacity’ (Scharfsinn). Für die weitere Verbreitung des Terminus’ sorgte der US-amerikanische Soziologe Robert K. Merton, der den Begriff in den wissenschaftlichen Diskurs einführte und 1958 “The Travels and Adventures of Serendipity”, ein Werk über die Rezeptionsgeschichte des Begriffs verfasste, das erst nach seinem Tod veröffentlich wurde und schlagartig die Konjunktur Serendipitys als Allerwelts-Modewort auslöste. Die Geschichte der drei scharfsinnigen Prinzen wurde 1557 von einem Armenier in Venedig publiziert, als Vorlage diente das Epos des mittelalterlichen persischen Dichters Amir Khusrau. Mit Serendip bezeichneten Araber und Perser die heute als Ceylon und Sri Lanka bekannte Insel. www.comandantina.com dusl@falter.at