Psychedelik der Toilette

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 05/2013
Liebe Frau Andrea,
im Falter 4/13 blickt auf Seite 33 eine Iris in ihre Jugendstil-Psyche. Es stellt sich da für mich unvermittelt die Frage, ob die Psyche etwas mit der Psyche zu tun hat und ob da irgendein, vielleicht gar ein freudianischer Zusammenhang, zwischen den beiden besteht? Da ich ersteres zwar nicht, letzteres hingegen schon mein eigen nenne, wäre es für mein letzteres heilsam, wenn Sie hier für Aufklärung sorgen könnten.

Vielen Dank, Fritz Herzog, per Email
Lieber Fritz,
das Wienerische und mit ihm auch das Falterische kennt eine Vielzahl fremdsprachiger Ausdrücke aus dem Themenkreis “Unterwäsche und Körperpflege”. Die meisten davon hat Helmut Qualtinger in seiner legendären Figur des Herrn Karls petrifiziert. Französelnde Begriffe wie Kombinäsch (eine Frühform des “Damen-Body”, aus dem englischen “combination”), Lawur (die Waschschüssel, vom französischen “lavoir”) und Toilette, wienerisch Dolettn. Diese bezeichnete ursprünglich das Tüchlein (vom französischen toile, Tuch), dann die Schminkutensilien, die auf diesem Textil ausgebreitet wurden, später den ganzen Ankleidevorgang. Die Toilette verkam schliesslich zum Hüllwort für den Defäkations-Ort, das Klosett (vom englischen “closed”, dem durch “water closed”, durch Wasser abgeschlossenen, und damit geruchsversiegelten Abtritt). Die Psyche ist nicht nur die Instanz, die für unser Verhalten zuständig ist, sondern auch eine Figur der griechischen Mythologie. Das Wortes “Psyche” flattert zwischen den Bedeutungen Seele, Hauch, Atem und: Schmetterling. Ein Märchen des römischen Dichters Apuleius beschreibt die Liebesbeziehung der geflügelten Schönheit Psyche mit dem ebenfalls flüggen Eros (römisch: Amor). Hauptdarstellerin der komplizierten Geschichte, die um Liebe und Eifersucht kreist, ist die schneewitchenhafte Psyche, die Venus (alias Aphrodite) vom Schönheits-Thron gestoßen hat. Zu allem Überdruss greift Psyche dann auch noch in das Kästchen der Persephone, darin eine für Aphrodite bestimmte Schönheitssalbe. Als Psyche die Créme aufträgt verfällt sie in einen todesähnlichen Schlaf, aus der sie erst Amor wieder erlösen kann. Es ist diese Szene, die im Empire die Konjunktur des Begriffs “Psyche” (wienerisch Psiech”) für das Schminkmöbel auslöst. Freud trat erst später an den Spiegel.
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