Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 19/2012
Liebe Frau Andrea,
meine Mutter, eine waschechte Floridsdorferin, hat immer wieder (olle bot) die Wendung „olle bot“ verwendet. Als Zeitangabe, in etwa für „immer wieder einmal“. Können Sie mir etwas zur Etymologie sagen? Mit dann und wann in einem Wiener Hafen einlaufenden Booten wird das ja wohl nichts zu tun haben, oder?
Liebe Grüße, Werner Bauer,
per Elektronachricht
Lieber Werner,
so verführerisch es klingt und so sehr Floridsdorfs ehemalige Lage als Brückenkopf am mächtigen (noch unregulierten) Donaustrom dafür spräche – mit Booten hat Bot nichts zu tun. Auch nicht mit anderen, dem Wasser verpflichteten Begrifflichkeiten. Das “Bad”, das “Bod” spräche eine Wienerin oder ein Wiener nämlich “Bood” aus, mit langem Vokal. Als Sohn einer waschechten Floridsdorferin haben Sie Bot etymologisch völlig richtig geschrieben, wiewohl es im Wienerischen weich endet und auch so transkribiert wird. Ollebod, olle Bod, mit kurzem “o”, eigentlich “alle Bot” heisst alles zwischen “alle Augenblicke”, sehr häufig”, “öfter”, “immer wieder”, “hie und da”. Bot ist das veraltete, nur mehr in bayerisch-österreichischen Dialekten konservierte Substantiv des Zeitworts “bieten”. Es versteckt sich allerdings auch in der Hochsprache noch erfolgreich in Wörtern wie Gebot, Verbot, Anbot, botmässig. Auch der Bote und sein Mitbringsel, die Botschaft kommen vom Verb “bieten”. Im alten Wienerisch sagte und sagt man, ganz im Sinne Ihrer Floridsdorfer Mama also: “Olle Bod long” und meinte und meint damit wörtlich “Alle Angebote lang”, “so oft es sich anbietet”. Ein anderer in Vergessenheit geratener Ausdruck aus der Bot-Wortwolke lautet “Kha Bod auf wos legn” und bedeutet soviel wie: “keinen Wert auf etwas legen”, “kein Angebot legen”, “nichts dafür bieten”. Dem Beispiel “allemal” folgend liesse sich, eine Konjunktur der Formulierung vorausgesetzt, “alle Bot” im modernen Wienerischen “ollebod” schreiben. Wollen wir also unsere Erkenntnise in folgender Kurzgeschichte zusammenzufassen: “Mia san olle bade in bod gsessn, wia ollebodlong a bood vuabei gfoan is.” Nix verstehen? Alle beide sind wir im Bad gesessen, wie alle Augenblicke ein Boot vorbei gefahren ist. www.comandantina.com dusl@falter.at
Meine Oma, eine waschechte Favoritnerin, hat mir diesen Ausdruck einst so erklärt, dass in früheren Zeiten die Menschen etwa einmal pro Woche gebadet haben, ins Tröpferlbad gingen, akso, davon abgeleitet man sich etwa bei „alle bad“ einmal in der Woche getroffen hat…