Die Scheibe des Präsidenten

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 46/2011
Liebe Frau Andrea,
wenn wichtige Leute wichtige Sachen zu sagen haben, bei Konferenzen, Empfängen und derlei Anlässen, sieht man häufig eine Art schräg gestellte, leicht getönte Glasscheibe, befestigt an einem Stativ, ganz in ihrer Nähe. Ein Bekannter meint, es handelt sich dabei um eine Sicherheitsvorkehrung gegen mögliche Attentate. Selbst wenn es sich um kugelsicheres Glas handelt, erscheint mir die Scheibe im ungefähren DIN-A4-Format allerdings nicht besonders sicher. Wissen Sie bescheid?
Petra Klötzinger, Josefstadt, per Bernsteinfunkennachricht
Liebe Petra,
bei den schräggestellten Rauchglasscheiben in der Nähe redender Potentaten und potenter Redner handelt es sich, ganz wie Sie vermuten, nicht um projektilfestes Sicherheitsglas. Die rechteckigen Scheiben tauchen in der Regel im Doppelpack auf und sind, in einer leichten Schräglage auf Stativen positioniert, stets dem Redner zugewandt. Obwohl sie nicht schussfest sind und maximal rohe Eier und matschige Tomaten abwehren könnten, dienen diese Scheiben der Sicherheit der Redner. Der Textsicherheit der Redner. Die mysteriösen, randlosen Glasbretter sind moderne Teleprompter. Das technische Prinzip dieser Geräte ist so simpel wie verblüffend. Von einem Monitor oder Projektor wird Text auf eine schräggestellte Scheibe gespiegelt. Richtig justiert können Rednerin oder Redner auf dieser Scheibe vorbereiteten und meist fortlaufenden Text ablesen. (Ähnliche Einrichtungen, vor einer Studiokamera montiert, verwenden Nachrichtensprecher, um scheinbar frei und fehlerlos in die Kamera zu sprechen). Der bekannteste Benützer freistehender Telepromterscheiben ist der Präsident der Vereinigten Staaten, Barack Obama. Schon im Wahlkampf wurde seine Obsession für telegepromptes Reden bundesweit und nicht ohne hämischen Unterton diskutiert. Videos von hilflosem Obamagestammel während eines Teleprompterausfalls zirkulierten auf YouTube. Typisch für die moderne Teleprompter-Rede ist der scheinbar souveräne Redner-Blick ins Publikum, mal nach links vorne, mal nach rechts vorne. Genau auf die eingespiegelten Rede-Passagen. In Abwandelung von POTUS (President of the United States) heisst die Lesehilfe Barack Obamas TOTUS. Teleprompter of the United States.
www.comandantina.com dusl@falter.at

2 Gedanken zu „Die Scheibe des Präsidenten“

  1. Sorry, aber deine Antwort kann ich nicht glauben. Ich hatte es an anderer Stelle bereits gelesen u. anschließend darauf geachtet. Dabei ist mir aber aufgefallen, d. diese ‚Scheiben‘ meist unterhalb d. Kopfes d. Redner u. in einem so schrägen Winkel aufgestellt sind, d. jedem sofort auffällt, d. Ablesen so kaum möglich ist.

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