Blut in Gassen und auf Wiesen

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 25/2011
Liebe Frau Andrea,
gibt es auf dem Laaer Berg tatsächlich eine Blutwiese, deren Name auf einen
antisemitischen Pogrom zurückgeht und falls ja, hat das sprichwörtliche “auf die
Blutwiesen” gehen etwas damit zu tun? Dankeschön,
Josef Benjamin, Wieden,
per Gesichtsbuchdirektnachricht
Lieber Josef,
die mir zugänglichen Bücher sind mit Information bezüglich der Kombination Blutwiese – Laaer Berg – Pogrom unergiebig. Eine Bluadwiesn gab es in Wien überall dort, wo sich Burschen und junge Männer trafen, um die Fäuste sprechen zu lassen. Von einer Bluadwiesen auf dem Laaer Berg wissen die Schriften nichts. Wenn man den Topos Laaer Berg etwas unschärfer fasst, kommt man etwas südlicher, noch in Raufhändelweite zu einer überaus strengen Gegend, deren Bewohner zumindest mit Blutwiesentum etwas am Hut hatte, zur legendären Kreta nämlich. Das Grätzel am östlichsten Ende der Quellenstrasse, im Westen von der Absberggasse, im Süden von der Ankerbrotfabrik, im Norden von der Gudrunstrasse begrenzt, läuft im Osten in einen Abhang aus, an dem heute die der Südosttangente verläuft. Die ehemalige Gstätten am Hang wurde von den Mitgliedern des Arbeiter-Schrebergarten-Vereins Favoriten urbar gemacht. Die Kreta, benannt in Anspielung auf die chaotischen Zustände, die nach dem Kreta-Aufstand von 1896 auf der griechischen Insel herrschten, galt als eines der ärmsten und wildesten Arbeiterviertel Wiens und könnte durchaus auch eine eigene Bluadwiesen für Raufereien und Abfeitelungen gehabt haben. Gemetzel ganz anderer Art blutiger Art gab den beiden Wiener Blutgassen ihre Namen. Die eine liegt in Heiligenstadt und wurde vom Volksmund so genannt, weil die Türken hier 1529 Gefangene niedergemetzelt haben sollen. Die andere Blutgasse liegt in der Inneren Stadt. Der Sage nach sollen hier 1312 die in päpstliche Ungnade gefallenen Tempelritter in ihrem Wiener Hauptquartier, dem Fähnrichhof erschlagen worden sein. Das dabei geflossene Blut hätte die ganze Gasse rot gefärbt. Der Massenmord vom 12. März 1421, der als “Wiener Geserah” in die jüdische Geschichte einging und die Wiener Judengemeinde völlig ausgelöschte, hat indes zu keiner Strassenbenennung geführt.
www.comandantina.com dusl@falter.at

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