Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 14/2011
Liebe Frau Andrea,
man kann heutzutage kaum mehr auf der Strasse gehen, ohne unfreiwillig Ohrenzeuge eines Handy-Telefonats zu werden. In der U-Bahn, im Bus oder in der Bim ist das Mithören wildfremder Gespräche nahezu unvermeidlich. Mich stört das sehr. Haben Sie irgendwelche Tricks auf Lager, wie man das abstellen kann?
Bettina Kindermann, Neubau,
per Gesichtsbuchdirektnachricht
Liebe Bettina,
das Mithören fremder und meist intimer Telefongespräche gehört längst zum Konversationsrepertoire urbanen Lebens. Neben der Beschallung durch schlechte Musik gehört das passive Handyphonieren zu den grossen akustischen Belästigungen unserer Zeit. Es gibt Abhilfe, liebe Bettina! Je nach emotioneller Konstitution möchte ich drei Methoden zur Dezimierung unerfreulicher Fremdgespräche empfehlen, eine elektronische, eine gesprächstechnische und eine literaturdiplomatische. Nerds, Geeks und Technikfuzzis sollten den illegalen Kauf eines ebenso illegalen cell phone jammers, also eines Handy-Störsenders erwägen. Die Geräte dürfen weder gekauft noch betrieben werden, sind aber recht einfach im Internet zu bestellen und funktionieren sehr gut. Nicht verboten ist das Mitreden. Ich selbst habe grosse Erfolge mit dieser Technik erzielt. Wenn man schon mithören muss, so mein Credo, soll man auch mitsprechen dürfen. Man darf, man soll. In der Lautstärke des Handyphonierenden, und durchaus über das gleiche Thema. Rhetorisch platzierte Fragen und Wiederholungen des Gehörten verstärken den Effekt. Man kann sich dazu das eigene Handy ans Ohr halten oder frei sprechen wie es die grossen Mimen tun. Eine subtile und trefflich funktionierende Methode ist das wortlose Überreichen einer Konversationskarte an den Störenfried. In den USA sind solche Hushing-Cards ein grosser Renner. Die Gesellschaft für Handy-Hushing etwa vertreibt die vistenkartengrossen Billets mit Texten wie: „Sie sollten wissen: Jeder hier muss ihrem Gespräch zuhören“ und „Die Welt ist laut. Sie machen es nicht besser”. Deutschsprachige Karten mit einschlägigen Aufforderungen, das Gespräch zu beenden, jetzt also bitte Gusch zu sein, wolle man auf http://bureau.comandantina.com/archivos/2011/04/psst.php beziehen. www.comandantina.com dusl@falter.at
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