Supernackter Szenator

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 06/2011
Liebe Frau Andrea,
„Supernackt“ hätte das Wort des Jahres werden können, wäre es ein bisschen
früher an die Öffentlichkeit gelangt. Nun frage ich Sie, werte Frau Andrea,
ob diese Wortschöpfung von Meischberger selbst stammt oder schon früher in
Umlauf war.
Mit vollbekleideten Grüßen,
Norbert Mottas, St. Valentin, per Elektrobotschaft
Lieber Norbert,
leider kann ich mit sachdienlichen Recherche-Telefonaten mit Karl Heinz Grasser und Walter Meischberger nicht aufwarten. Die Gefahr, Protagonistin eines eigenen Gespächsprotokolls zu werden, hätte mich nicht abgeschreckt, eher schon die Aussicht auf ein zigarettenvernebeltes Kaffeehausgespräch mit Grasser-Anwalt Ainedter. In der Frage der Herkunft des Begriffs “supernackt” sind wir auf die Exegese der publizierten Dokumente angewiesen. Der uns interessierende Satz fällt laut parlamentarischer Anfrage der Abgeordneten Moser, Freundinnen und Freunde im Gespräch Nr. 35 vom 1.2.2010, um 22 Uhr 16 zwischen Meischberger und Grasser. Hier bekennt Meischberger in der Erörterung der Frage, in welchen Ländern eine bestimmte Baufirma tätig gewesen sei: „Da bin ich jetzt supernackt.“ Ob Meischberger “supernackt” sagte oder “super nackt” lässt sich nicht feststellen. Dies schon deswegen nicht, weil der abhörprotokollierende Beamte durchaus mit eigener Schreibweise auffällt. So notiert er am selben Tag, aber schon um 20 Uhr 32 einen anderen Satz Meischbergers so: „Damals hat der P und der H (…) gemeinsam mit dem Szenator (…)” Wörtlich hat der Niederschreibende also statt „Senator“ „Szenator“ getippt. Liegt hier eine Magyarizität des Protokollierenden vor – kennt doch das Ungarische den “szenátor” – oder ein Freudscher Verschreiber, bei dem ein “Sz” eingeschleust wurde, weil der Schreibende an “Szene” dachte? Wie auch immer, vor den legendären Telefonaten zirkulierte “supernackt” fast ausschliesslich in der Pornoszene. Es kommt vom englischen “super nude” und bezeichnet Models, die nicht nur nackt, sondern auch rasiert sind und die, wie Urban Dictionary, das Online-Wörterbuch für englische Slang-Wörter weiss, einen Schritt weiter gehen, in dem sie “die Arschfalten öffnen, die Vorhat zurückrollen und die Schamlippen spreizen”.
www.comandantina.com dusl@falter.at

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