Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 47/2010
Liebe Frau Andrea,
gestern Sonntag hatten wir großes Frühstück in unserer WG mit Grande Pallaver. Es ging um die Debatte, ob Schwarzfahren okay sei oder moralisch verwerflich. Naturgemäß gab es zwei Fraktionen, die jeweils gute Argumente vorbringen konnte. Was sagen Sie? Ist Schwarzfahren wirklich so böse?
Alles Liebe, Jana Fabrik,
Karmeliterviertel
Liebe Jana,
ich meine aus ihrer Frage eine leichte Sympathie für das Schwarzfahren herauszuhören. Ich will Ihnen Argumente und Strategien für Ihre Position liefern, gleichzeitig aber das moralische Dilemma minimieren. In einem idealen Wien führen wir alle gratis mit den Öffis. Wir liessen unsere Autos und Fahrräder stehen und sicherten mit unseren Fahrten die Auslastung von Bim, Bus und U. Durch kontinuierliche Abnutzung, Verschmutzung von Fuhrpark und Anlagen sorgten wir für Vollbeschäftigung und Wachstum und stärkten den Financier, die öffentliche Hand gegenüber der Wirtschaft. Bis zum Eintritt in dieses Paradies sind wir aber an das herrschende Paradigma der Wiener Linien gebunden, dieses sieht den Antritt der Fahrt mit einem gültigen Fahrausweis vor. Nun liesse sich vorbringen, die Öffis führen auch ohne gelöste Tickets mit der selben Regelmässigkeit, Schwarzfahren löse also keine zusätzlichen Kosten aus. Die Beschickung der Linien mit “Schwarzkapplern” dürfe vielmehr als Beweis dafür gewertet werden, daß insgeheim mit Schwarzfahrenden gerechnet werde. Auch seien die zusätzlichen Einnahmen, die bei rund 200.000 erwischten Schwarzfahrern lukriert würden, ein willkommenes Zubrot für den kommunalen Transport, immerhin 70 Euro pro Schwarz und Fahrer. Das Dilemma bleibt ein moralisches. Ich sehe dennoch eine Lösung, die alle zufrieden stellt. Hier die 7 Punkte zum Glück: 1. Fahren Sie so oft Sie können. 2. Kaufen Sie immer mindestens einen Fahrschein. 3. Entwerten Sie diesen immer. 4. Provozieren Sie durch hastiges und unsicheres Auftreten den Verdacht auf Schwarzfahren. 5. Lassen Sie sich oft, aber stets mit gespieltem Schuldgefühl kontrollieren. 6. Verschweigen Sie den Besitz ihres gültigen Fahrscheins. 7. Bezahlen Sie zügig und in bar, verbunden mit der sichtbar gelogenen Aussage, dies nie, nie wieder zu tun. www.comandantina.com dusl@falter.at