Engelsgleich: Das franke Enkerl

Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 44/2010
Liebe Frau Andrea,
bitte helfen sie mir! Seit Jahren geben mir Aussagen älterer Wein- und Waldviertler Rätsel auf. In Zusammenhang mit verbaler Aufregung wird von diesen Bewohnen gerne der Ausdruck: “des is ja frank a Wahnsinn!“ gebraucht. Bitte, wer oder was ist frank? Ist dies der Name einer geschichtlichen Person? Welches Geheimnis umrankt dieses Wort? Weiters ist mir ein Rätsel, was es mit dem Ausdruck “Enkerl“ im Zusammenhang mit meinem 6jährigen Sohn auf sich hat. Die Eltern meiner Lebensgefährtin und mir nennen nämlich unseren Sohn Enkerl. Wieso Enkerl? Kommt der Ausdruck vom katholischen Engel?
 
Herzlichen Dank für ihre Hilfe!
Toni Bojkowszky, Währing, per Elektrobotschaft
Lieber Toni,
nicht nur im Norden Pröllistans, auch im tiefsten Wien wird Ihnen der Ausdruck “frank” begegnen. Hier haben das Wienerische und mit ihm die Dialekte Niederösterreichs ein Adjektiv konserviert, das im Hochdeutschen längst verloren gegangen ist. Frank heisst soviel wie “frei”, “freilich”, und wird im heutigen Wienerisch “fraunk” ausgesprochen. Es kommt über das spätmittelhochdeutsche “franc” und das altfranzösische “franc”, wo es ebenfalls “frei” (im Gegensatz zu hörig, untergeben) bedeutete, aus einer germanischen Wurzel. Es lebt im Landesnamen Frankreich weiter, bezieht sich aber auf den Volksnamen der (eigentlich) germanischen Franken. Frank, frei ist mit “frech” verwandt und wird in der gängigen Etymologie mit der erwähnten Bedeutung “frei” assoziiert. Andere Forscher wollen die Grundlage des Volksnamens Franken in Wörtern wie dem altenglischen franca, altnordisch frakka sehen und die Franken als “die, mit dem Wurfspiess Bewaffneten” auffassen – im Gegensatz zu den Sachsen, “den mit dem *sahs, dem Sax, dem Steinschwert bewaffneten”. Ein typisch Wienerischer Ausdruck wäre der Ausruf: „Na fraunk!“ (Na freilich!) Das Rätsel um ihren engelhaften Sohn wollen wir auch lösen. Möglicherweise ist Ihr Fortpflanz ein angelus, ein Bote, von altgriechischen ἄγγελος (ággelos, ausgesprochen ángelos. Mit “Enkerl” meinen ihre Eltern und Schwiegereltern trotz möglicher angelologischer Zusammenhänge aber wohl schlicht den “kleinen Enkel”.
www.comandantina.com dusl@falter.at

Ein Gedanke zu „Engelsgleich: Das franke Enkerl“

  1. Vielleicht sollte Herrn Toni auch noch die Nebenbedeutung des Adjektivs „frank“ als „rechtschaffen“ oder „astrein“ nahegebracht werden; sie findet sich etwa in der Wendung „A fra(u)nka Beidl“, die zwecks Klärung sexueller Präferenzen mitunter als Antonym zum „woaman Bruada“ gebraucht wird.

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