Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 12/2009
Liebe Frau Andrea,
gerade kam mir das Lied „I fahr, i fahr, i fahr mit der Post“ in den Sinn. Darin ist von einer „Schneckenpost“ die Rede, die mich keinen „Kreuzer“ kosten soll. Was muss ich mir darunter vorstellen? Und wieso ist diese Art der Brief- und Personenbeförderung gratis?
Ihre Bettina Kätzle, mit der Elektropost
Liebe Bettina,
sie singen ein Kinderlied aus der Postkutschenzeit: I fahr, i fahr, i fahr mit der Post / fahr mit der Schneckenpost / die mir kan Kreuzer kost / I fahr, i fahr, i fahr mit der Post. Als Melodie zu ihrem Schneckenpostsong dürfen wir uns ein Posthornsignal vorstellen. Die ersten, die in unseren Breiten mit solchen Tönen kommunizierten, waren die Metzger und Fleischhauer, die eine frühe Form der Post- und Paketzustellung betrieben. Vor allem im Schwabenland und der Pfalz waren herumziehende Viehhändler die ersten Postler. Sie hatten das Recht, ihre Ankunft oder Abfahrt mit einem Signal aus einem Viehhorn anzukündigen. Mit dem Post-Monopol der Familie Thurn und Taxis ging das Privileg, ein Postsignal zu blasen, auf die Postillione, die Fahrer der Reichs-Postktschen über. Postillione hatten einen ganzen Kanon verschiedener Signale, mit denen sie, auf ihrem Metallhorn um freie Fahrt und Vorrang auf den engen und gewundenen Strassen bliesen. Auch das Öffnen der Stadttore und die Ankündigung des Pferdewechsel wurden mit unterschiedlichen Signalmelodien mitgeteilt. Posthornmelodien bestanden in der Regel aus den 3., 4., 5. und 6. Naturtönen des Horns, also einer Dueodezime (einer Oktave plus einer reinen Quinte), aus zwei Oktaven, zwei Oktaven plus einer grossen Terz, beziehungsweise zwei Oktaven und einer reinen Quinte. Der Ausdruck Schneckenpost wurde wohl immer dann gebraucht, wenn sich die als schnell und zuverlässig betrachtete Kutschenpost wegen Radbruchs, Unwettern oder Unfällen verlangsamte. Das Kinderlied bezieht sich hingegen auf die Schnecke selbst, die ihre Post in einer Kalkspirale am Rücken trägt. Beförderungsgebühr hebt die Kinder-Schnecke keine ein. Auch keinen Kreuzer, jene süddeutsch-österreichische Münze, die erstmals 1271 in Meran geprägt wurde und zuletzt etwa dem Gegenwert eines Viertelliter Bieres entsprach. Eines grossen Pfiffs also. www.comandantina.com dusl@falter.at