Für meine Kolumne ‚FRAGEN SIE FRAU ANDREA‚ in Falter 08/2009
Liebe Frau Andrea,
diesen Sommer, bei glühender Hitze, in der Nähe des Neusiedlersees sah ich das Phänomen zum ersten mal: Mengenweise Autos, die Wasserflaschen – mit einer klaren Flüssigkeit gefüllt – auf der Motorhaube liegen hatten. Niemand, den ich fragte, wusste warum. Ich dachte, es hat was mit Kühlung bei Hitze oder ähnlichem zu tun. Letztes Wochenende, beim Spaziergang durch Perchtoldsdorf, sah ich es plötzlich wieder – ein Auto mit den Flaschen drauf und auch welche rund ums Auto – wie eine Einparkhilfe aufgestellt. Was bitte hat das für einen Sinn?
Elisabeth Hellinger, via Facebook
Liebe Elisabeth,
das von Ihnen beobachtete Phänomen tauchte erstmals diesen Sommer auf. Es ist nicht auf das Meer der Wiener beschränkt und nicht auf das schöne Bedasduaf, es hat nichts mit Jahreszeiten zu tun und noch weniger mit Einparkschwächen. Ein alter Bekannter vieler Autofahrer steckt dahinter, der ebenso scheue wie kluge Marder. Elektrische Defekte nach Marderbiss stehen inzwischen auf Platz eins der Pannenstatistiken. Zündkabel, Kühlschläuche, Dämmmatten, Antennen, nichts ist vor den flinken Nachtarbeitern sicher. Dabei schmeckt den Mardern das angebissene Gummi gar nicht. Sie verteidigen mit den wütenden Bissen nur ihr Revier, das sie vom fremden Geruch anderer Marder angegriffen wähnen. Die ihnen fremden Duftmarken haben Marder beim Parken ausserhalb des heimischen Parkplatzes hinterlassen – Autos sind schliesslich hochmobil. Und ihre Motorräume gemütliche Höhlen. Viele Hausmittel wurden ersonnen, um die bissigen Raubtiere von Kabeln und Dichtungen fernzuhalten. Kartoffelnetze mit Pferdeschänzen sollten helfen, Strümpfe mit Hundehaaren, Mottenkugeln, Toilettensteine und Plastiksackerln über den Scheibenwischern. Autokonzerne liessen Ultraschallpiepser entwickeln, findige Bauern und neugierige Wildbiologen experimentierten mit elektrifizierten Hasengittern und Wolfsurin. Pfeffer wurde in Motoren gestreut und Woodoo-Zauber ausgesprochen. Indes, nichts schien zu helfen. Bis jemand auf die Idee mit den Flaschen kam. Wassergefüllt müssen sie sein, etikettenlos und am besten senkrecht aufgestellt. Wie der Abwehrzauber wirkt, ist noch unbekannt. Zwei Theorien stehen in Diskussion. Lichtreflexionen von nächtlichen Scheinwerfern, die sich in den aufgestellten Flaschen zu einer Horror-Lichtorgel brechen. Und Infraschall, den die Flaschen aussenden, sobald das Wasser darin in tiefffrequente Schwingung gerät. Mehr wissen nur die Wiesel selbst. www.comandantina.com dusl@falter.at