Jörg Haider und der Phaeton

Haider-Phaeton.jpgLiebe Frau Andrea,
der Dienstwagen, den der Kärntner Landeshauptmann fuhr, war ein Phaeton. Mein Freund behauptet, das sei die Bezeichnung für eine englische Kutsche, während ich mich dunkel daran erinnere, dass es einen bösen Mythos um einen griechischen Gott dieses Namens gibt. Wer von uns hat recht?
Birgit Sagnit, per Elektropost.
Liebe Birgit,
der nachtschwarze Wagen, mit dem Jörg Haider am Samstag den 11. Oktober 2008, fünfviertel Stunden nach Mitternacht tödlich verunglückte, war ein drei Wochen alter Phaeton V6 mit Allrandantrieb, bekannt als Staatslimousine des glücklosen deutschen Kanzler Schröder. Phaeton war in der Frühzeit der Automobilie ein populärer Modellname für Luxusfahrzeuge. Schon Gottlieb Daimlers erstes Auto von 1886 war der motorisierte Phaeton eines Stuttgarter Kutschenbauers gewesen. Mit dem griechischen Namen wurden bis dahin Pferdewagen bezeichnet, die von ihren Besitzern selbst kutschiert wurden. Für den dunklen Mythos sorgte schon vor Haiders tragischer Todesfahrt die Geschichte von Phaëton (gr. der Leuchtende) dem Sohn von Sonnengott Helios und seiner Frau Klymene (gr. die ruhmreiche Kraft). Der lateinische Dichter Ovid erzählt im zweiten Buch seiner Metamorphosen die Geschichte Phaetons, der gekränkt über Zweifel an seiner göttlichen Herkunft seinen Vater Helios die Erfüllung des Wunsches abrang, auch einmal den Sonnenwagen lenken zu dürfen: “Schon bei der Abfahrt mißachtete Phaeton die Warnung des Morgenlichts Lucifer und trieb das Gespann zur Unzeit zu gleichviel waghalsiger wie ungeschickter Fahrt. (…) Phaeton (…) wurde (…) schwindelig und der bedrohliche Anblick des Sternbildes Skorpion ließ ihm voller Furcht die Zügel aus der Hand schießen. Ihres schwachen Führers ledig trabten die Pferde mal hierhin, mal dorthin (…) Endlich griff (…) Zeus ein und schleuderte mit seinem Donnerkeil den ohnmächtigen Phaeton aus dem Wagen. Brennend fiel der Gottessohn (…) in den Fluß Eridanus. Die Najaden des Westens bestatteten den noch qualmenden Leichnam und an den Gestaden des Flusses beweinten ihn seine Schwestern, die Heliaden, und vergossen dabei Tränen, die zu Bernstein wurden.”
www.comandantina.com dusl@falter.at
Für meine Kolumne ‚Fragen Sie Frau Andrea‘ in Falter 42/2008

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