Medaillenbeissen

Liebe allwissende Frau Andrea!
Warum haben fast alle Medaillengewinner in Peking beim Siegerfoto in ihre Medaillen gebissen? Ist chinesisches Edelmetall besonders geschmacksintensiv? Und wonach schemckt es? Außerdem bedrückt mich die Frage, warum Google eine Suchmaschine ist und kein Suchprogramm. Arbeiten bei der Internetsuche im Hintergrund etwa Pleuel, Hebel und Ventile statt Bits und Bytes?
Beeindruckt, Josef Dollinger, Neubau
Lieber ratsuchender Herr Josef,
der Indexgigant Google, gerade eben Teenager geworden, ist semantisch gesehen weder eine Suchmaschine noch ein Suchprogramm, sondern ein Konzernimperium von unüberschaubarer Vielfalt. Megagooglereich ist die Firma der beiden Stanfordstudenten Sergey Brin und Larry Page bekannterweise für das Auffinden von Information im world wide web geworden. Generell spricht man bei den komplexen Vernetzungen von Serverfarmen und den Programmen zu Auffinden indizierter Websiten von Suchmaschinen. Genaugenommen arbeiten auch Bits und Bytes nicht am Finden von Information, sondern softwaregesteuerte Hardware. Die Sprache greift bei der Darstellung komplexer Mechanismen meist zu Bildern früherer Technologien, hier eben zum Imago der Maschine. Einen ähnlichen Griff ins Vergangene beobachten wir auch bei den olympischen Medailenbeissern. Sie imitieren mit dem Ablutschen von Goldmedaillen den Bisstest mittelalterlicher Kaufleute, die den Reinheitsgehalt von Goldmünzen grob am Abdruck ihrer Zähne massen. Je reiner die Münze, desto weicher, je weicher, desto Gold. Bei modernen Medaillen ist dieser Test schon deswegen sinnlos, weil in den vergoldeten Silberplätschen nicht mehr als 6 Gramm Gold stecken. Wert: 30 Euro.
dusl@falter.at www.comandantina.com
Für meine Kolumne ‚Fragen Sie Frau Andrea‘ in Falter 37/2008

Ein Gedanke zu „Medaillenbeissen“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert