Werte Frau Andrea,
es gibt Speisen mit selbsterklärenden Namen, wie „Bratwürstel mit Sauerkraut“. Andere Namen wiederum verraten gar nichts. So der“Grenadiermarsch“. Würden Sie mir bitte erklären, wie diese Speise zu ihrem Namen kam? Gesegnete Mahlzeit und vielen Dank!
Norbert Mottas, St. Valentin
Lieber Norbert,
das Lieblingsgericht von Barbara Wussow hat seinen Namen aus der Soldatensprache. Der üppige Schmarrn aus Kartoffeln, Nudelfleckerln, Zwiebeln, Schmalz, Speck und/oder Wurststücken hieß in der Ungarischen Reichshälfte Krumplis tészta oder Gránátos kocka (Grenadierwürfel) und wird dort zusätzlich papriziert. Der Scheiterhaufen aus Fett und Kohlehydraten war sättigend und für derbe Soldatenköche einfach zuzubereiten, Wurst und Speck verliehen ihm Exklusivität, denn Grenadiere galten traditionell als Eliteeinheiten. Sie trugen im Gegensatz zu gemeinen Soldaten krempenlose Mützen, die sich bald zu Riesengebirgen auftürmen sollten, wie wir sie von den Bärenfellmützen der britischen Grenadier Guards kennen. Die fehlende Krempe erleichterte den Grenadieren das Werfen ihrer Geheimwaffe, der Granate. Die verdankt ihren Namen dem Granatapfel, dessen kernreicher Fruchtkörper die Militärs an das splitterreiche Innenleben ihrer Granaten erinnerte. Die genaue Herkunft der Bezeichnung Grenadiermarsch ist in Vergessenheit geraten, möglich, dass hier Verballhornungen und Verschleifungen stattfanden wie bei einem anderen Gericht der österreichischen Küche, dem Kaiserschmarrn. Der war, Legenden zum Trotz, nicht die Leibspeise von Kaiser Franz Josef und auch nicht zu seinen Ehren so genannt. Kaiserschmarrn ist schlicht die falsch ausgesprochene Version des Almsenngerichts Kaserschmarrn, des Schmarrns der Kaserer. dusl@falter.at www.comandantina.com
Fpür meine Kolumne ‚Fragen Sie Frau Andrea‘ in Falter 35/2008