Architekturtage Texte 1
In situ: Differentialdiagnose der Pathologie in Feldkirch

Einer von fünf Texten die ich für die Architekturtage Vorarlberg 2008 verfasst habe und vor Ort verlesen habe.

session one
Pathologie, Krankenhaus Feldkirch
Carinagasse 47, 6800 Feldkirch (A)
Transluzente Schichten und mikroskopische Präzision.
Architektur: Marte.Marte Architekten, Weiler

In situ: Differentialdiagnose der Pathologie in Feldkirch

Mag. Dr. Andrea Maria Dusl
Diktat vom 12.5.2008 20:19.

Fallbeschreibung.

Bei einem knapp 30-jährigen, architekturgeschichtlich geringfügig adipösen Gebäude, onomastischer Befund “Das Institut für Pathologie”, massive bauliche Mängel. Gebäude klagt über eklatanten Platzmangel. Therapievorschlag der behandelnden Kollegen: Gebäudegeneralsanierung und Erweiterung am bestehenden Standort. Differentialdiagnose im Rahmen eines Architekten-Wettbewerbs. Therapievorschläge durch behandelnde Kollegen Marte & Marte, Weiler.

Einige Tage vor der klinischen Zuweisung leichte Distorsion des oberen Treppenabsatzes rechts, aufgrund des klinischen Verdachts einer Bodenbelagsabnützung der tiefen Gänge rechts eine Archigraphie durchgeführt. Diese erbrachte die Diagnose einer frischen Archithrombose vom 3-Etagen-Typ. Es bestanden nur eine geringe Umfangsdifferenz zugunsten der rechten Verbindungsgänge, starker Raumdruckschmerz rechts, Himmelblau-Zeichen rechts positiv, Van-der-Rohe negativ. Die übrige klinische Untersuchung erbrachte keinen pathologischen Befund. CGI, Röntgen-Zwischengeschoss in zwei Ebenen sowie Betongerinnungsstatus waren unauffällig. Daraufhin wurde eine hochdosierte Mezzaninolyse über zwei Tage durchgeführt. Die Kontrolltektographie zeigte danach noch einen kleinen zwischenwandadhärenten Liftthrombus der aula aedifici superficialis.

Zum Ausschluß einer malignen Gebäudeerkrankung wurde eine umfangreiche bildgebende Diagnostik eingeleitet. Da eine ausreichende sonographische Bildgebung bei adipositas architectonica nicht möglich war, wurde eine Computertomographie des Gebäudevolumens mit intrafluraler Kontrastmittelgabe (axiale 8 cm Schichten, ZM 100 l, Flow 2 l/s, Delay 30 s) durchgeführt. Hierbei zeigte sich als einziger pathologischer Befund eine 2 m lange KM-umflossene Raumforderung in der aula inferior, die in den rechten Lichthof hineinreichte. Der Befund wurde als Designthrombus bewertet. Eine Kontrolluntersuchung nach 10 Tagen erbrachte keine Befundänderung. Eine transaedifikale Echoarchigraphie 5 Tage nach architektonischer Aufnahme zeigte Zeichen der Stiegenhausbelastung, stratigraphisch war keine Raumembolie nachweisbar. Eine echoarchigraphische Kontrolle nach einer Woche zeigte zeitgleich mit der ersten CT einen Thrombus der Untergeschosse, der Befund war nach zehn Tagen jedoch sonographisch nicht mehr reproduzierbar. Es wurde die Diagnose einer erfolgreich lysierten tiefen Arbeitsraumthrombose rechts mit wandadhärentem Thrombus der Aula inferior gestellt. Aufgrund dieser Thrombose wurde eine statische Begehung mit Planungsmaterial eingeleitet.

Nach drei Monaten zeigte die intravasale Raumforderung einen unveränderten Befund, nach weiteren zehn Monaten ließ sich computertomographisch eine deutliche Größenzunahme der KM-umflossenen Raumforderung der unteren Gebäudeteile nachweisen (Abb. [1]). Das Gebäude stellte sich daraufhin zur Prüfung der Umbauindikation in der Klinik für Neu- und Umbauchirurgie des Architekturklinikums vor. Da ein wachsender Thrombus zwar unwahrscheinlich ist, andererseits ein nicht eindeutig indizierter Mehretageneingriff vermieden werden muß, wurde der Raumkörper im Massstab 1:1 dreidimensional neu aufgebaut.

Am 21. August 06 hat man am LKH Feldkirch mit dem Abriss des alten Pathologiegebäudes begonnen. Abriss und Bauarbeiten wurden unter klinischer Anwendung möglichst lärmarmer Methoden durchgeführt, um die Belastung für Mitarbeiter, Patienten und Anrainer möglichst gering zu halten. Ende September 06 gutartige Komplikationen, die mit distalen Sprengungsarbeiten aufgefangen wurden. Neoplastischer Aufbau eines Gebäudethorax auf einer Fläche von 2.000m², seziert auf 3 Ebenen. Geschätzte Kosten der Neubautherapie: 13,10 Mio Euro.

Klinischer Befund der zentralen und distalen, sowie cranialen und caudalen Gebäudeteile: UG1:  Lateral in der cava automobilium superior anterior wartendes Taxi ohne Fahrgast. Primarius in situ. Aktivitätsbefund positiv. Mikrobiologie: Kollegial gut besetzte Untersuchung an Bakterien, die KH verursachen können, Testung auf Ansprechen von Antibiotika unter lokalem situs klarer schwarzer beziehungsweise weisser Gebäudeinnenflächen. Positiver Designbefund der Verbindungsgänge. Die Uhren des Gebäudes befinden sich sämtliche in der photographisch gut darstellbaren 12-Uhr-Position. Diagnose: Nullstellung der Energiezufuhr. Therapievorschlag: Reset der Uhrensoftware und Synchronisation mit Funkuhrsender Pfänder. Infektionsserologie: Untersuchung des Immunschutzes aus dem Blut. Mitarbeiter glücklich und motiviert. Kittelschleuse mit marginalem Besatz von 2% Kittel/pro Schleusenraum.

Molekularpathologie: Identifikation von Erkrankungen auf molekularer Basis unter Verwendung neuester Labortechnik. UG2: Histopathologie: Während der Operation oder Endoskopie entnommene Organe oder Organteile werden unter dem Mikroskop feingeweblich untersucht. Wie im übrigen Gebäudekomplex negativer Befund von Unruhe oder Hektik. Gute Sicht auf die begrünten distalen Vorgebäudeflächen, gute Sicht auf den Umgebenden alpinen Situs. Zytopathologie: Untersuchungen von Abstrichen aus Vorsorgeuntersuchungen, Punktate und Ergüssen, sowie Analyse von Spülflüssigkeiten. Leichter geruchlicher Befund aus Petrischalen. UG3: Prosektur: Autopsien. Genereller architektonischer Befund und Prognose: Sehr gut.


Keywords:  Platzmangel; Architektonisch-Funktionelle Design-Fraktur; Gebäudegeneralsanierismus, Uhrenduodezdigitalismus.Document Type: Research article

DOI: 10.1007/s00113-003-0703-9

Affiliations: 1: Architektose, Architektonische Klinik, Landeskrankenhaus, Feldkirch, Österreich, Email: andrea.maria.dusl@gmail.com 2: Pathologische Klinik, Landeskrankenhaus, Feldkirch, Österreich, 3: Textklinik, Landeskrankenhaus, Feldkirch, Österreich,

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