Einer von fünf Texten die ich für die Architekturtage Vorarlberg 2008 verfasst habe und vor Ort verlesen habe.
session five
Clubhaus Rohner
Hafenstraße 18, 6972 Fussach (A)
Dialektik im Hafengelände: konzeptionelle Formen in Beton
Architektur: Baumschlager & Eberle, Lochau
Der Betonschlingpflanzenkubus in Fußach
Andrea Maria Dusl
Logbuch der Brigg Hoppetossa II.
12.5.2008
Briggen Hoppetossa II af Gävle. Kaptens-Logbok: Där står: Kaptenska Dusl-Pettersson, tolfte maj twåtusenåtta. Peng. Clockan åtta på kvällen. Position: 9° 40′ 0“ östliche Länge, 47° 28′ 59“ nördliche Breite. Übersetzung aus dem Schwedischen durch den Ersten Offizier.
Liegen in der Lagune der Einheimischen.
Die Einfahrt in den Hafen beginnt beim Seezeichen 89, das eine frühere Expedition hier hinterlassen hat. Der Beginn des Fahrwassers ist nachts durch Einheimische befeuert, wir hatten Tag und gute Sicht. Den Damm eines breiten Flusses backbordseitig folgten wir dem Fahrwasser. Am südlichen Ende drehten wir nach Backbord in den Hafenbereich. An Steuerbord liegt die Marina der Eingeborenen, dem sich eine Werft anschliesst, geradeaus kann man die Entsorgungsstelle der Eingeborenen ausmachen. Für die Einsteuerung in den Hafen umrundeten wir die Werft und legten unter Beifall und Gesang der Eingeborenen an. In Begleitung von Schiffsarzt Dr. Tore Bengtsson gingen wir an Land. Vier Matrosen trugen Kisten mit Glitzersteinchen und anderen Geschenken.
Der Hafen befindet sich in der Nähe einer Siedlung mit Namen Fussaha. Unserem einheimischen Lotsen ist er unter dem Namen „Gummi Hafen“ bekannt. Aus seinen Erzählungen schliesse ich, das damit die Kautschukringe bezeichnet werden, die noch vor wenigen Jahren die Ufer des Hafens gesäumt haben sollen. Ob diese Kautschukringe nautische Bedeutung hatten oder Opfergaben für die lokalen Naturgötter, ist nicht zu eruieren.
Unser Lotse, ein bleichgesichtiger Junge mit Namen Häribärt behauptet, dass hinter dem grossen Fluss Berge mit weissen Spitzen, hoch in den Wolken lägen. Gleich hinter dem heiligen Berg Pfenn Derr. Und weiter südöstlich Berge mit ewigem Eis. Häribärt nennt diese Berge Sill Bretta und Rätti Konn. Auch dort lebten Menschen. Geschöpfe mit Schuhen aus Holz, flunkert er. Lang wie Decksplanken. Vermutlich Legenden.
Unser Landgang hat uns mit einigen Einheimischen in Begegnung gebracht. In einer festen Hütte, die aussieht, wie eine aus der Erde ragende Muskete, wohnt eine freundliche Einheimische, die einige Brocken unserer Sprache spricht. In ihrer Wohnmuskete finden wir einfache Möbel aus Holz, rituelle Schriften in einer uns unbekannten Sprache. Eines dieser heiligen Bücher bekamen wir als Geschenk. Es ist die Geschichte zweier Häuptlinge namens Bomm Schlagga Unnt Ebrille Loha. Wir werden die Schrift von Dr. Bengtsson analysieren lassen. Die Häuptlingsfrau aus der Wohnmuskete, die nach Art der Einheimischen bekleidet war, hellhäutig aber dunkelhaarig, freundlich und aufgeschlossen führte uns zum Tempelheiligtum des Gummihafens.
“Rona” hiesse der heilige Ort, erzählte die Häuptlingsfrau. Hafa Rona. Jahthafa Rona. Was auch immer das heissen mag. Dr. Bengsston meint, dies sei die Beschwörungsformel für den Tempel, den wir nun kennenlernten.
Dieser Tempel ist aus grauem Stein erbaut. Fugenlos, in einer uns unbekannten Technik. Unerklärlich, mit welchen Werkzeugen die Einheimischen Stein so glatt bearbeiten können. Zwischen die Fugen der Steine passt nicht einmal die Zirkelspitze meines nautischen Bestecks. Der Tempel hat längliche, unregelmässig geformte Fenster, deren Hin und Her entfernt an wogende Wasserpflanzen erinnert. Ist es ein Poseidontempel? Wir sahen keine Tritonen und auch den Dreizack Poseidons nicht. Im Inneren des Tempels brennen Öllampen, die in silbernen Bechern stecken.
Einige Kautschukringe waren aufgelegt und Speisen und Getränke, die die einheimischen Priester hier dem Seegott opfern. “Kluppos Rona” nennen die Einheimischen den Seegott. Der Tempel ist ungleich irgend eines anderen Tempels, den Dr. Bengstsson oder ich je gesehen haben. Daraus schliessen wir, dass es gar kein Poseidontempel ist, sondern ein Tempel der dem lokalen Ufer- oder Hafengott “Kluppos Rona” geweiht ist. Nach einer guten dreiviertel Stunde tauschten wird die mitgebrachten Glitzesteinchen gegen einen Kautschukring, den die Einheimischen hier “Raiffa” nennen und gingen wieder an Bord der Hoppettossa II. Ein ereignisreicher Tag. Was werden wir morgen erleben? Aus Vorsicht ankern wir in einer Lagune die unser Lotse “Fusaha Loh” nennt.