Liebe Frau Andrea,
beim Kremser Donaufestival konnte man beim Konzert der wunderbaren Hidden Cameras eine wahre Stage-Diving-Orgie beobachten: der komplette Münchner Fußballchor ließ sich vom Publikum über dessen Köpfe hieven. Woher kommt dieser Brauch, ist Bühnentauchen nicht ausgesprochen gefährlich und – wie manche anschließend meckerten – eigentlich schon „so last season“?
Rieke Kasuppke,
Wien, Otterkring, per Elektrobrief
Lieber Rieke,
die Musiker der kanadischen Queercore-Pop-Band um Sänger, Gitarrist und Songwriter Joel Gibb sind keine Unbekannten in der Welt der singenden Fussballer. Die schwule Kirchen-Volksmusik-Combo spielte am 15. August 2007 auf Wunsch von Teenie-Idol Mehmet Scholl bei dessen Abschiedsspiel vom FC Bayern – erst in der ganz und gar unschwulen Allianz-Arena und dann auf der etwas intimeren Abschiedsfeier in der Münchener Reithalle. Dabei kam erstmal der Münchner Fußballchor, allesamt Mitglieder diverser Münchner Bands zum Einsatz. Das Bühnentauchen wurde allerdings nicht in der Allianz-Arena erfunden und auch nicht von singenden Münchnern. Das gefährliche Abspringen von Rock-Bühnen samt okkasinellem Surfen im Moshpit (dem chaotischen Händewald vor den Rock-Bühnen) soll ein Punk-Pate erfunden haben. James Newell Osterberg, Jr., besser bekannt unter seinem Bühnennamen Iggy Pop gilt als einer der ersten Stagediver. Die Übung ist so spektakulär wie gefährlich und gehört dennoch zu den Untoten des Pop. Einzig auf philharmonischen Konzerten und in der Wischerl-Jazz-Szene wurde sie noch nicht beobachtet. dusl@falter.at www.comandantina.com
Für meine Kolumne ‚Fragen sie Frau Andrea‘ in Falter 19/2008