Lulu

Tourette.jpgLiebe Frau Andrea,
neulich grüßte mich jemand am Gang zu meinem Büro mit „Lulu“. Der Mann zwinkerte, als führte er etwas im Schilde. Wollte er mich beleidigen, oder bin ich einem Leidenden begegnet?
Karin F. Knolle, Ratzersdorf, per Elektropost
Liebe Karin,
es gibt mehrere Möglichkeiten, Ihre Begegnung zu lesen. Sollten ausser der Kinderbezeichnung für Urin noch andere Begriffe aus dem Urogenitalapparat vorgetragen worden sein, eventuell begleitet von grimassierenden Tics, sind Sie möglicherweise von einer Person gegrüsst worden, die am Tourette-Syndrom laboriert. Das ist für beide Seiten gefahrlos und im besten Falle anekdotenreich. Vielleicht sind Sie aber einem Mitglied der Männervereinigung “Schlaraffia” begegnet. Der Freundschaftsbund zur Pflege von Kunst und Humor wurde 1859 in Prag gegründet und wird von bösen Zungen als Karnevalsausgabe der Freimaurer bezeichnet. Die kreuzfidelen Herren – Erkennungszeichen ist eine kleine weiße Perle am linken Revers – treffen sich einmal pro Woche in ihrem Vereinslokal, das sie “Schlaraffenburg” nennen. Schlaraffischer Inbegriff von Weisheit, Humor und Tugend ist der Uhu. Ihre Sprache nennen die unernsten Herren, die Kaliber wie Franz Lehár, Paul Hörbiger, Gustl Bayrhammer, Peter Rosegger und Gustav Mahler zu ihren Ehrenmitgliedern zählen, Schlaraffenlatein. Einblick in die Qualität ihres Humors geben Begriffe wie Kniewinsel (Violoncello), Burgwonne (Freundin), Benzinroß (Auto) und Schaum-Lethe (Sekt). Im Einklang mit diesen lustigen Bezeichnungen grüssen einander die weltweit etwa 10.000 Schlaraffen mit einem sympathisch sonoren “Lulu!”

dusl@falter.at www.comandantina.com
Für meine Kolumne ‚Fragen Sie Frau Andrea‘ in Falter 17/2008

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