Liebe Frau Andrea,
neulich hatten wir einen feuchten Abend mit guten Gesprächen. Irgendwie kam das Gespräch auf Spaghettiwestern und den grossen Sergio Leone. Und da erinnerte ich mich daran, in einem abgefuckten Porno-Kino in der Burggasse der einzige Zuschauer gewesen zu sein. Es muss 15 Jahre her gewesen sein oder länger. Ein einmaliges Erlebnis. Ich und der geilste Western der Welt: Spiel mir das Lied vom Tod. Die Tonanlage übersteuerte und zwischendurch regnete es weisse Kratzer. Ich dachte, das wäre nur am Anfang von Filmen so, dort wo sie abgenudelt sind?
Florian Niederwieser, Wieden
Lieber Florian,
bei ihrem abgenudelten Kino dürfte es sich um eines der ersten Wiener Arthouse-Filmtheater, das Star-Kino in der Burggasse 71 gehandelt haben. (Seit 1999 ist dort das Atelier-Theater zuhause). Es wäre ungewöhnlich gewesen, Once Upon a Time in the West (C’era una volta il West) in einem Pornokino zu projizieren. Dafür ist Claudia Cardinale zu selten im Bild. Das Nieseln in der Projektion stammt tatsächlich von Kratzern auf der Kopie. Da ein Film dieser Länge Film aber in mehrere Akte (Filmrollen) aufgeteilt ist, die abwechselnd projiziert werden, um den Anschein einer kontinuierlichen Vorführung zu erzeugen, kann es mitten in der Handlung zu Filmnieseln, Knacken und Knistern kommen. Diese Artefakte kommen von der mechanischen Beanspruchung der einzelnen Aktanfänge einer oft gespielten Kopie. Machmal fehlen auch Sekunden aus dem Film, wenn etwa diese Teile der Filmrolle abgeschnitten wurden. Der DVD-gewohnte Filmbuff hat diese Kinoerlebnisse meist in der Frühzeit der cineastischen Sozialisation kennengelernt und erinnert sich mit wohligem Schauern daran. Schau-Schauern.
dusl@falter.at www.comandantina.com
Für meine Kolumne ‚Fragen Sie Frau Andrea‘ in Falter 16/2008