Liebe Frau Andrea,
im letzten Falter startete hier über Ihnen eine neue Fotoserie, in der es ganz offensichtlich um Menschen und deren Kleidung geht. „In der Panier“ nennt sich diese Serie, wie ich der Überschrift entnehme. Bislang brachte ich Panier eher mit dem Wiener Schnitzel in Verbindung, woher kommt dieser Ausdruck? Und woher kommt die Panier?
Mit gebackenen Grüßen, David Messinger, Wien Ottakring, per Elektrobrief
Lieber David,
das Wienerische hat die Gabe, aus komplizierten Sachverhalten einfache zu machen und aus einfachen komplizierte. Es bedient sich dabei einer Fantastilliarde fremdländischer Ausdrücke, die es über die Kaskaden der Wienerzungen perlen lässt und, sobald sie versickert sind, als funkelnde Fontänen wieder ausspeit, die im dichtem Nebel der Alltagssprache zerstoben in Wörterbüchern kondensieren und irgendwann als Rinnsal in den Gulli des Vergessens tropfen. Die Panier ist so ein Wort. Sie bezeichnet den Anzug, die “Schoin”, die Uniform. Der Ausdruck zeichnet das Bild einer in Bröselteig gebackenen Kalbfleischschnitte, das wohlfeil panierte Schnitzel. Dessen Kruste heisst küchentechnisch Panade. Das Panieren – ausserhalb von Küchen kann damit von der Ohrfeige bis zum Ländermatch jede Form der Gegnerdemütigung bezeichnet werden – kommt vom französischen “paner”, mit Brotbröseln bestreuen, einer Ableitung von “pain” – Brot. Die Scheiderkunst kennt “das Panier” aus der Zeit der Reifröcke, damit wurden die weit ausladenenden Konstruktionen jener Superhüften bezeichnet, wie wir sie von Marie Antoinette und ihren Freundinnen kennen. Die Form erinnerte an die damals auf Märkten verwendeten Hühnerkörbe, daher der Name Panier – französisch Korb. www.comandantina.com; dusl@falter.at
Für meine Kolumne ‚Fragen Sie Frau Andrea‘ in Falter 4/2008