Hermes Phettberg ::: Der Phillishave

REKONVALESZENZ. Nach einem Schlaganfall war Österreichs berühmtester Talkmaster und Kolumnist monatelang ausser Gefecht. Was passiert ist und wie es Hermes Phettberg jetzt geht, berichtet Andrea Maria Dusl.

Für Falter 14/2007

FA-Phettberg-3.4.2007.jpgWenn man bei Hermes Phettberg aus dem Haus tritt und sich im Augenblick der Gehsteigberühung um 90 Grad gegen den Uhrzeigersinn dreht, kann man ohne gröberen Richtungswechsel geradewegs bis Reggio di Calabria wandern. Vor Hermes Phettbergs Haustüre in der Grabnergasse beginnt sozusagen der Weg nach Süden. Nach Süden wandte sich Hermes am 23. Oktober letzten Jahres, bei seinem, bis dahin ersten Gang auf ein Sozialamt.

Am Weg zum Amtshaus Margareten sah Hermes Phettberg, wie er sich erinnert, alles doppelt. Zwei Tage vorher hatte das Zwiegesicht begonnen, bei einem Happening in der Wiener Sargfabrik – Phettberg musste eine Stunde regungslos in einem Sarg liegen.

Auf dem Weg zum Sozialamt sah Phettberg vier Wienzeilen, zwei Ramperstorffergassen und zwei Schönbrunnerstrassen. Jeder Wagen, der aus dem Wiental kommend, Richtung Stadt raste, war doppelt vorhanden.

Phettberg hält es nachträglich und eingesichtig betrachtet für eines der Wunder seines Lebens, dass er unbeschädigt eines der beiden gesehenen Amtshäuser erreichte und dort eine der beiden Frau Stiefsöhne sprechen konnte, denen er dort begegnete. Frau Stiefsohn, von Phettbergs Zustand besorgt, alarmierte die Rettung, der Parteienverkehrer wurde ins Spital gebracht. Dort diagnostizierten Neurologen nichts weniger als einen Schlaganfall.

Vier Wochen verbrachte Hermes Phettberg im Wilhelminenspital. Genas langsam vom Doppeltsehen. Das Predigtdienen, wie Phettberg sein Kolumnieren im Falter nennt, war ihm indes nicht mehr möglich. Nach einem Monat kam Hermes wieder nach Hause, drehte einen Film mit Kurt Palm, seinem Dompteur aus Nette-Leit-Show-Zeiten. Thema des Films: Hermes Phettberg, Hauptdarsteller: Hermes Phettberg. Die Zerwürfnisse und Dispute der Jahre nach der Trennung Palms und Phettbergs von Couch und Tisch waren überwunden.

Auf die Frage, ob sich der Schlaganfall angekündigt habe, weiss der Phettberg Eindrückliches zu berichten. Schon ein Jahr vor der Apoplexie habe er Blitze gespürt, „de facto explodierte dabei jedes mal ein kleines Blutgefäß“. Es seien kleine explosionsartige Einschläge gewesen, Stiche. Kleine Schauer im Kopf. Im Jänner diesen Jahres, lange schon wieder zu Hause in seiner Wohnung in der Gumpendorfer Grabnergasse, muss in Phettbergs Gehirn ein zweites mal zu dickes Blut zu dünne Äderigen verstopft haben. Jedenfalls passierte etwas, was ihn in dreitägigen Schlaf warf, aus dem ihm erst das heftige Klopfen „der Frau Schweiger“ an der Eingangstüre erweckte. Die Erinnerungen an diese drei Tage sind ausgelöscht, zwei volle Gläser mit Urin seien, so Phettberg, detektivisch gesehen, ein Indiz dafür, das er die drei Tage nicht ausschließlich mit Schlaf zugebracht haben könne.

Kurt Palm suchte mit Hermes den Neurologen Dr. Wolf auf, der diagnostizierte nach einem EEG einen neuerlichen Schlaganfall und liess Phettberg mit der Rettung ins Kaiser-Franz-Josef-Spital führen. Dort wurde Hermes, wie er berichtet, am späten Abend “wegen Geheiltheit“ entlassen. Hermes hatte aber unglücklicherweise den Haustorschlüssel vergessen. Er fuhr palmlos wieder ins Spital, und verbrachte die Nacht in der Notunterkunft. Am Morgen fuhr er mit dem Taxi nach Hause. In die Wohnung gelangte er mit einem Ersatz -Schlüssel, den Palm mitgebracht hatte.

Auf Vermittlung von Kurt Palm, Armin Thurnher und Werner Vogt kam der König von Gumpendorf schliesslich für 6 Wochen in das Rehabilitationszentrum auf der Lassnitzhöhe nahe Graz.

Wir erinnern uns: Man muss sich vor Hermes Phettbergs Haustüre nur ein einziges mal nach links drehen, um geradewegs auf fast schnurgeraden Strassen Richtung Süden zu gelangen. Konstruierte man einen Auferstehungsmythos, wäre Phettberg nach seiner öffentlichen Einsargung schon am 23. Oktober automatisch in Richtung Genesung aufgebrochen.

Auf der Lassnitzhöhe absolvierte Phettberg einen minutiös geplanten Rehabilitationsplan aus Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Psychologie und Akupunktur. Sogar Joga und die Kunst des richtigen Atmens gehörten zum Wiederherstellungsparcour.

70 Kilo hat Phettberg in den letzten 12 Monaten abgenommen. Er passt in längst archivierte Hosen aus seinem persönlichen Jeans-Museum. Seltsamerweise, so Phettberg, sei der Gewichtsverlust kein Effekt der Apoplexie gewesen, sondern sei schon vorher eingetreten. Wiewohl das Spital zur Entschlackung beigetragen habe. Wochenlang habe er keinen Bissen hinuntergebracht. 14 Tage lang konnte Phettberg nur riechen an den Speisen.

Was seine Verdünnung ausgelöst habe? Phettberg hatte sich im letzten Jahr von enormen Mengen bedruckten Papiers getrennt. Im Augenblick des grössten Loslassens von gesammeltem Material habe ihn dann buchstäblich der Befreiungsschlag getroffen. Während der Rehabilitation habe aber ein anderes Phänomen Besitz von seiner Oberfläche ergriffen. Weil Phettberg wegen der Blutverdünnung das Rasieren mit Klingen nicht wagte, hatte er sich einen elektrischen Rasierapparat zugelegt. “Der macht was er will”, berichtet Hermes, “und egal wo man ihn hinführt, ober der Lippe lässt er die Stoppel stehen.” Phettberg trägt also, wiedergenesen und predigtdienstbereit, einen Schnurrbart. “Bitte nicht Schnurrbart zu schreiben. Nenne ihn den Phillishave!”

Ein Gedanke zu „Hermes Phettberg ::: Der Phillishave“

  1. Vielen Dank für diesen Bericht. Der Hermes ist auferstanden! Einfacht schön, zu hören daß es weitergeht, und ich hatte schon nicht mehr gewagt darauf zu hoffen. Weiter alles Gute zur Genesung!

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