Falterfaltekunst

Liebe Frau Andrea,
warum schafft es der Falter als einzige mir bekannte Zeitung nicht, die einzelnen Druckbögen in der richtigen Reihenfolge zu ordnen? Best of Böse löste zum Jahreswechsel den Overkill aus. Drei Teile waren bunt zusammengewürfelt zwischen den Coverbogen gequetscht. Ausserdem habe ich den Eindruck, dass die Druckerschwärze des Falters meine haltenden Finger besser färbt als die anderer Qualitätsmedien. In geneigter Hoffnung auf Aufklärung,
Andreas Brunner, Internet
Lieber Andreas,
es ist ein gut gehütetes Geheimnis der Zeitungserzeugekunst, dass der Falter als eine der letzten Publikationen weltweit in ausschliesslicher Handarbeit hergestellt wird. Recherchen werden stadtweit in echten, verstaubten Archiven, in persönlichen Gesprächen und Korrespondenzen mit Betroffenen und Portraitierten betrieben. Orte werden besucht und nicht gegoogelt. Fotografen belichten ihre Bilder mit hochwertigen Plattenkameras, Texte werden mit gut gespitzten Bleistiften und auf Adler-Qualitätsschreibmaschinen verfasst und von scharfgesichtigen Redakteuren mit Rotstiften redigiert. Ein Heer von Kartoffelschnitzern schneidet Sätze und Bilder in rohe Erdäpfel und druckt den Falter in vielen langen und unfair getradeten Kaffeenächten mit verdünnter Schuhpasta auf handgeschöpftes Löschpapier. Langzeitstudenten, Drogentherapierte und Unterstandslose verdingen sich bei der manuellen Zusammenlegung der wertvollen Druckbögen. Dass es dabei zu Falter-Falte-Irrtümern und Reihenfolge-Artefakten kommt, ist Absicht und Teil eines langjährigen Rätselwerkes.
www.comandantina.com dusl@falter.at

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