Im Dschumpas

Liebe Frau Andrea,
wieso heißt das Gefängnis „Schwedische Gardinen“? Was für Gardinen haben die Schweden eigentlich? Und hat das irgendwas mit Ikea zu tun? Danke und liebe Grüsse,
Nina Kleinberger
Liebe Nina,
ich darf Sie zusätzlich verwirren, das Gefängnis heisst gar nicht schwedische Gardinen sondern Strafvollzugsanstalt. Als schwedische Gardinen bezeichnet man die Gitterstäbe vor den Zellenfenstern. Sie waren aus begreiflichen Gründen aus hartem Material gemacht – Stahl aus Schweden. Denn nichts durfte lange Zeit als härter gelten als die Eisen-Kohlenstoff-Legierungen aus dem hohen Norden. Vor ihre eigenen Fenster hängen Schweden Vorhänge und Rollos aus modernen Pflanzenfasern. Beispiele dieser Verhüllungskultur gibt es in jedem Ikea zu kaufen. Mittlerweile leben deswegen auch eindeutig mehr Nichtschweden hinter skandinavischen Stoffjalousien als Schweden. Stahlgesiebte Luft atmet man im Wienerischen, sobald man im Häfm oder in der Buttn gelandet ist, und dort auf (oder am) Schmoids (Schmalz) ist, also eingesperrt, wo der Kas (Aufseher) mit dem, am Bschdeck (Schlüsselbund) hängenden Klitsch (tschechisch für Schlüssel) den Hund (das Zellenschloss) vom Dschumpas (der Zelle) aufschliesst. Das Fenstagitta würde ein ausbruchswilliger Wiener – ein Fliaga oder Schimmla – übrigens mit einer englischn Hapfm (einer Feile in Form einer Schnur) durchsägen und dann beulisieren (abhauen) bzw. „an Schuach machen.”
www.comandantina.com dusl@falter.at
Für meine Kolumne ‚Fragen Sie Frau Andrea‘ in Falter 7/2007

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