Stanniol und Kaiser

Alufolie.jpgLiebe Frau Andrea,
seit einiger Zeit beschäftigt mich das „Stanniol-Papier“! Vor allem die Frage, warum es nur noch Alufolie heisst, heute kaum noch Verwendung im Sprachgebrauch findet und von welchem Wort es abgeleitet wird. Ein Freund meinte, es sei ein Firmen- bzw. Eigenname gewesen. Stimmt das? Darauf gleich die nächste Frage: Begriffe wie „Wettex“ (Schwammtuch), „Martini“ (Vermouth) und vielleicht auch „Stanniol“ haben als Überbegriff ihren Platz im Sprachgebrauchgefunden. Wie nennt man so einen „Überbegriff“?
Vielen Dank und schöne Grüße aus der Wieden, Florian Ortner
Lieber Florian, Stanniol hat weder etwas mit Papier zu tun, noch kommt sein Name von irgendeiner Marke oder Firma “Stanniol”. Die dünne Metallfolie unterscheidet sich chemisch signifikant von der Aluminiumfolie, die, wie der Name schon sagt, aus Alluminium gewalzt wird. Stanniol hat seinen Namen über das italienische “stagnolum” von stannum, lateinisch für Zinn, bekommen und wird und wurde aus reinem Zinn hergestellt. Die rhetorische Figur, den Namen eines speziellen Produkts zum Begriff zu machen – also etwa zum Apfelsaft Obi zu sagen oder zum Klebeband Tixo – nennt man Synekdoche. Beispiele solcher Synekdochen müssen gar nichts mit Industrieprodukten oder Konsumartikeln zu tun haben. So ist unser Begriff Kaiser eine Synekdoche, die sich vom Spitznamen eines gewissen Gaius aus dem Hause der Julier herleitet, eines gewisssen Caesar – zu Lebzeiten Kaesar ausgesprochen. www.comandantina.com dusl@falter.at
Für Falter 46/2005

Ein Gedanke zu „Stanniol und Kaiser“

  1. Werte Frau Andrea,
    wollte nur darauf hinweisen, dass es neben der Synekdoche auch noch den Begrif des Eponyms gibt, nach dem vielleicht auch der Frager ihrer letzten Kolumne, Florian Ortner, gefragt haben könnte. Ein Eponym ist die Erklärung für den Namen eines Begriffs oder Dings durch eine Namensübernahme von deren Urheberinnen, Verursacherinnen oder Assoziierte. Es gibt echte und falsche oder zumindest fragwürdige Eponyme (absichtlich oder unabsichtlich tradiert, lassen sie sich als Namen oder Begriff nicht auf die Person zurückführen, von denen angeblich ihr Name herrührt). Z.B. Alessandro Fiasco (1792–1869), ein italienischer Opernimpressario, dessen einzige Inszenierung der Lucia di Lammermoor (›Wahnsinnsarie‹!) in Mantua 1837 durch einstürzenden Bühnenkulissen mehrere Mitglieder des Ensembles ernsthaft verletzte (eher echt) und Joao Marmalado (1450–1510) aus Portugal, der als erster Marmelade aus gekochten Orangen mit Zucker gemacht haben soll (eher falsch).
    Mit Grüßen Martin Tiefenthaler (und Maria Lanzendorf 🙂

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