Blue Moon 3sat
Dienstag, 30. August 2005
22.25 Uhr
www.cineastentreff.de : Blue Moon
3sat: Blue Moon
(tsch) Er redet nicht viel, der Pichler Johnny (Josef Hader). Wo kommt er her? Warum ist er nun da, wo er ist? Und was ist das überhaupt für ein komischer Vorname für einen Alpenländler? Keiner weiß es. Ein Kleinganove ist er. Einer, den der Zufall oder ein bizarres Schicksal zu dieser Geldübergabe an einer Straßenkreuzung im österreichischen Nirgendwo geführt hat. Der russische Mafioso wartet schon, neben ihm im Auto ein blonder Vamp, Typ: osteuropäische Edelnutte. Vorhang auf für „Blue Moon“ (2002), ein Roadmovie made in Austria.
Shirley, so stellt sich die nur gebrochen englisch sprechende Schönheit (Victoria Malektorovych) alsbald vor, und Johnny machen sich gemeinsam aus dem Staub, nachdem der miese Mafiatyp ausgeschaltet und um sein Geld gebracht wurde. Gestohlenes Auto, gestohlene Kohle, auf nach Osteuropa. – Könnte eine klassische „Bonnie und Clyde“-Geschichte werden, oder ein actionreicher Thriller mit romantisch verklärtem EU-Osterweiterungs-Touch, wird es aber beides irgendwie nicht.
Regisseurin Andrea Maria Dusl, die für ihr Spielfilmdebüt „Blue Moon“ viel Kritikerlob und 2003 den großen Diagonale-Preis als „bester österreichischer Film“ erntete, bewegt sich lange im Genre- und Klischee-freien Raum und spielt mit den Erwartungen der Zuschauer.
Dabei ist ihr ein brillanter Josef Hader sehr behilflich, der mit offensichtlichem Freilauf ausgestattet beweist, dass er nicht nur ein hervorragender Kabarettist, sondern auch ein Mann für die leicht verschrobenen Charakterrollen ist. Er bewegt sich mit lakonischem bis skurrilem Witz durch den bedächtig, fast melancholisch mit tristen Bildern aus Osteuropa erzählten Film, der von seinen grandios-schrägen Figuren lebt. Neben Johnny und Shirley ist da ein gewisser Ignaz Springer (Detlef Buck), ein deutscher Kleinkrimineller, der sich als Lebenskünstler durch den Osten schlägt und immer dann ins Spiel kommt, wenn der Trip durch die Tristesse ein wenig neuen Schwung braucht.
In der Slowakei verlieren sich Johnny und Shirley. Offensichtlich verliebt, macht sich der wortkarge Österreicher auf die Suche. Die Spur führt in die Ukraine. In Odessa trifft er ihre Zwillingsschwester Jana, die ihn zwar angemessen unwirsch („Was willst du hier? Hier ist nichts!“) begrüßt, ihn aber schnell ins Bett bittet. Als Johnny herausfindet, dass Janas Zwillingsschwester schon als Kind gestorben ist und Jana mit der lokalen Mafia Kontakt hat, wird’s gen Ende dann doch kurzatmiger. Ist Jana Shirley? Holen Johnny die Mafiosi, deren Geld er noch hat, noch ein?
Frank Rauscher
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3sat: Blue Moon
Die Liebe treibt den wortkargen Geldboten Johnny Pichler aus dem sicheren Westen tief in den Osten Europas, wo er die geheimnisvolle blonde Shirley sucht. Die Odyssee der Gefühle endet in Odessa, wo der blaue Mond aufzieht. – Josef Hader und Detlev Buck in einem modernen Märchen-Roadmovie, dem Spielfilmdebüt der Österreicherin Andrea Maria Dusl.
Eine missglückte Geldübergabe bringt den Kleinkriminellen Johnny und die Prostituierte Shirley zusammen. Sie flüchten mit dem Geld, das eigentlich einem russischen Mafioso gehört, in die Slowakei. Doch schon bald lässt Shirley Johnny sitzen, der jetzt nur noch einen Wunsch hat: sie wieder zu sehen. Er reist nach Odessa, der Stadt, von der sie ihm erzählt hat, und findet eine Taxifahrerin, die Shirley zum Verwechseln ähnlich sieht und sich als ihre Zwillingsschwester Jana ausgibt. Sie nimmt ihn bei sich auf, zeigt ihm die fremde Stadt, und sie verlieben sich ineinander. Gemeinsam verbringen sie einige glückliche Tage, bis Johnny entdeckt, dass Janas Zwillingsschwester schon als Kind gestorben ist und Jana mit Leuten der lokalen Mafia Kontakt hat. Ist Jana Shirley, und holen Johnny die Mafiosi, deren Geld er hat, doch noch ein?
Geschickt und leicht ironisch verwebt die österreichische Regisseurin Andrea Maria Dusl in ihrem stilistisch eigenständigen und lakonischen ersten Spielfilm Elemente von Gangsterfilmen, Liebesgeschichten und Roadmovies, um den Zuschauer auf eine Entdeckungsreise durch Osteuropa mitzunehmen. Dabei findet sie Bilder für die Anziehungskraft des ehemaligen Ostblocks und schafft es, das morbide Plattenbau- und Armutsklischee in eine respektvolle Hommage zu verwandeln.
Andrea Maria Dusl, 1961 in Wien geboren, studierte bis 1985 Bühnengestaltung sowie von 1993 bis 1997 Medizin. Sie arbeitete als Bühnendesignerin und als Theater-Produktionsassistentin unter anderem mit George Tabori und Ignaz Kirchner. Seit 1985 ist sie Autorin und Illustratorin für österreichische Zeitschriften. Nach sechs erfolgreichen Kurzfilmen drehte Andrea Maria Dusl mit „Blue Moon“ ihren Debütspielfilm als Regisseurin und Autorin. Der Film wurde 2003 als „bester österreichischer Film“ mit dem Großen Diagonale-Preis ausgezeichnet.
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