Erschienen in „Falter“ Nr. 31/04 vom 28.07.2004 Seite: 55.
Liebe Frau Andrea,
ich war gerade eine Woche in Bulgarien, dabei ist mir Folgendes aufgefallen: Die Bulgaren nicken wenn sie Nein sagen, heftig den Kopf schütteln bedeutet Ja. Haben die Bulgaren in der Schöpfungsstunde „nonverbale Ausdrucksweisen“ gefehlt? Woher kommt diese Eigenheit, und sind sie die Einzigen? Müssen sie im Zuge des Beitritts zur EU umlernen?
Grüße aus 1060, Wolfgang
Lieber Wolfgang,
wir müssen uns im Falle eines bulgarischen EU-Beitritts keine Sorgen um neues Gestikvokabular machen. Die Bulgaren sind nämlich nicht die einzigen Südländer mit einer gespiegelten Ja-Nein-Mimik. Auch Griechen und Süditaliener nicken mit dem Kopf, wenn sie Nein sagen und schwenken ihn in Wellenbewegungen von rechts nach links und zurück, wenn sie Ja meinen. Bulgaren nicken allerdings bei einem Nein nie nach unten, sondern immer nach oben. Gleichzeitig verstärken sie ihre Ablehnung durch Naserümpfen und das Schließen der Augen – die Griechen ziehen die Brauen hoch und schnalzen eventuell noch mit der Zunge. Durch Bewegen des Zeigefingers nach vorne und hinten und das gleichzeitige Aussprechen von „tsk“ (in Griechenland: „tststs“) wird ein bulgarisches Nein noch verdeutlicht. Ein Ja, also das Schwenken des Kopfes von rechts nach links, drückt keine Ablehnung aus, sondern vielmehr ein Abwägen der Situation. Die Vermutung, Griechen, Süditaliener und Bulgaren bedienten sich der Gestik der alten Griechen, kann durchaus mit Kopfschütteln beantwortet werden.