Erschienen in „Falter“ Nr. 5/04 vom 28.01.2004 Seite: 63.
Liebe Frau Andrea,
ich lebe mit einem Tiroler zusammen, dem bisweilen der Ausruf „Hardigatti!“, in schlimmeren Fällen auch „Harschdigatti!“ entkommt. Ich habe herausgefunden, dass es sich um einen Fluch handelt, aber was heißt er, und woher kommt er? Die Auskunft, es hätte etwas mit „Unterwäsche“ oder „dem lieben Gott“ zu tun, war doch reichlich unbefriedigend. Bitte helfen Sie mir weiter!
Vielen Dank im Voraus,
Agnes Pluch, Internet
Liebe Agnes,
der Tiroler an Ihrer Seite hat nicht grob Unrecht, aus „Hardigatti!“ erstmal die „Gattihose“ genannte Unterhose und dann den „Herrgott“ herauszuhören. Wie alle guten Flüche hat auch „Hardigatti!“ mehrere scheinbare und eine tatsächliche Bedeutung. Das Tiroler „Hardigatti!“ entspricht ungefähr unserem „verflixt!“. „Harschgatt!“ oder „Harsch di Gatten!“ erinnert nicht zufällig an den „Arsch“. Fluchende Pinzgauer kennen „Hardiguggi!“, ausflippende Osttiroler „Hardimizzn!“, mit der sie Marien (Mizzen) zürnen. Der liebe Gott, die Mutter seines Sohnes und die männliche Unterhose sind aber nur Masken, hinter denen sich die wahre Bedeutung von „Hardigatti!“ verbirgt. Der Fluch, den es auch im alten Wienerisch als „Hardek!“ oder „Hardex!“ gibt, kommt tatsächlich aus dem Ungarischen. „Ördög“ nämlich nennen die Magyaren den Satan, „Ördögüzö“ Exorzisten und andere Hexer. Der Teufel „Ördög“ ist wie die ungarischen Wörter für Gott (Isten) und Dämon (Manó) allerdings nicht ungarischer, sondern persischer Herkunft.
Sehr geehrte Frau Dusl,
Ihrer Vermutung, dass das (Schimpf-) Wort „Hardigatti“ und seine Anverwandten sich aus dem magyarischen Raum gen Westen ausgebreitet haben, darf ich mich anschließen. Sie sind außer in Wien und Tirol zumindest noch in der Steiermark und in Kärnten (deutsch- UND slowenischsprachiger Raum!) zu hören. Bekannt in letzter Zeit auch durch die gehäufte, um nicht zu sagen inflationäre, Verwendung durch Armin Assinger (Hermagor/Šmohor). Weniger bekannt durch folgendes Buch: Reichmayr, Michael : Ardigata! Krucinal! : ein slowenisches Schimpfwörterbuch, basierend auf Arbeiten von Josef Matl (1897 – 1974) zum deutsch-slawischen Sprach- und Kulturkontakt. Mit einem Vorw. von Paul Parin . – 1. Aufl. . – Graz : Artikel-VII-Kulturverein für Steiermark , 2003 . – 424 S. . – (Wissenschaftliche Schriftenreihe des Pavelhauses ; 1 )
Adresse d. Verl.: A-8020 Graz, Elisabethinergasse 34. – Literaturverz. S. 401 – 424. –
ISBN 3-9501-5673-9
Mit besten Grüßen,
Michael Reichmayr
Sehr verehrte Andrea Maria!
Seinen sie vielmals bedankt für etymologische Aufklärung. Als Tiroler gehört das Hardigatti auch zu meiner Kindheitsmusik, und ich bin nicht schlecht erstaunt darüber, dass dieser ungarische Ausruf derart massiv Eingang in unser Alltagsvokabular eingehalten hat, wo doch bekannt sein dürfte, dass der Tiroler (vor allem „er“) nicht so ohne weiteres was übernimmt oder nachmacht…
Ich sinniere also über den/die pannonischen Enthusiasten, die derart Feuer im Hintern hatten, dass deren Flüche in die hintersten Alpentäler erschallte…
Oder wurde es gar durch Erzählungen oder persönlichen Begegnungen tradiert, verstärkt oder verechot? Ich fürchte fast, wir werden´s nie erfahren – und wenn´s dennoch wer in Erfahrung oder zur Erfindung bitte ich um eine Veröffentichung hierorts. Danke!
ihr Buch als Bettlektüre lesend verabschiedet sich prostend
Robert P., Salzburg (ex-Tirol)
Als Innsbruckerin (bald 78 Jahre) und schon ca. 58 Jahre in D lebend, verwende ich „Hardigatti“ immer noch und zwar, sobald mir etwas nicht gelingt.