Falter 08/2003 vom 19.02.2003.
Liebe Fragende,
als ich noch in die Schule ging, das war in den 70ern, in einem Gymnasium im 9ten, hielten wir Eric Clapton für God und schrieben “Love”, “Peace” und “The Who” auf tanngrüne amerikanische Militärtaschen. Wir rochen nach Patchouli, trugen zotteliges Hirtengewand, geraffte Blusen und Jeans die acht Nummern zu eng waren. Wir rauchten auf dem Klo, liebten uns auf Parties und sehnten uns nach einer besseren Welt. Und wir gebrauchten Ausdrücke, die in keinem Lexikon standen. Einer dieser seltsamen Begriffe war der Warnruf “Tschif”. Tschif kam immer dann zum Einsatz, wenn sich eine Autorität näherte und unserere, von ganz anderen Regeln bestimmte Welt bedroht wurde. Statt Abfangjägern und Grenzsoldaten gab es mutige Schüler, die “Tschif” standen – an einer vorgeschobenen Ecke, im Halbstock auf dem Treppenabsatz, an der Raucherklotüre. Weil “Tschif” so alltäglich war, so grundgültig und präsent, hat sich nie jemand der Mühe unterworfen, darüber nachzudenken, wie man das seltsame Schulwort denn schriebe, geschweige denn, woher es komme. Das soll jetzt anders werden. Ich will endlich und für alle male wissen, was “Tschif” wirklich bedeutet. Eine kleine private Vorerhebung während eines Rodelausflugs mit der Belegschaft einer beliebten Wiener Stadtzeitung hat ergeben, das der Gebrauch der Quietschsilbe über die Grenzen Wiens hinaus bekannt ist: Auch in Schwechater Schulen will man “getschift” haben. Schon weiter westlich, im steirischen Liezen, vom fremdsprachigen Vorarlberg ganz zu schweigen, ist “Tschif” unbekannt. Eine interessante Ahnung will in “Tschif” ein slawisches Wort sehen, allein “čif” scheint in keinem meiner tschechischen und slowakischen Wörterbücher auf. Liebe Fragende! Helfen Sie mit,“Tschif” zu erkennen!
Alles Liebe, Frau Andrea