Falter 37/2002 vom 11.09.2002.
Liebe Frau Andrea,
in letzter Zeit häufen sich bei mir die Nachfragen bundesdeutscher Zeitgenossen, was denn die bei uns so gebräuchliche Redewendung „w.o. geben“ eigentlich bedeute? Zuerst war ich sehr verdutzt darüber, dass es sich hierbei offenbar um eine rein österreichische (oder gar wienerische?) Phrase handelt – dann musste ich aber ob der Aufgabe, die Herkunft zu bestimmen, leider w.o. geben – das hat mir aber auch nicht weitergeholfen! Können Sie helfen und unser Nachbarland retten?
Liebe Grüße,
Christian Niederhuber, Internet
Lieber Christian,
strenggenommen könne Sie nach internationaler Terminologie gar nicht w.o. geben, denn diese Abkürzung w.o. existiert einzig in der Österreichischen Sportberichterstattiung und ihren Derivaten, den Kommentaren zur Innenpolitik. Der Ausdruck ist eine Fehlakronymisierung des englischen Tennisausdrucks “walkover”. Mit diesem Ausdruck bezeichnet die internationale Tenniswelt die Situation in einem Turnier, bei der ein Spieler entweder gar nicht zum Match erscheint oder aufgrund einer Verletzung oder mentalen Indisponiertheit zum vereinbarten Spielbeginn nicht spielen kann. Ein “walkover” in die nächste Runde wird allerdings vom Schiedsrichter erteilt und nicht vom nichtantretenden Spieler “gegeben”. Da das Wort walkover zusammen geschrieben wird, wird es im englischen, den allgemeinen Akronymregeln folgend allerhöchstens und dies auch nur selten “WO”, keinesfalls aber “w.o.,” abgekürzt. Kein Wunder also, dass jenseits des österreichischen Sportkommentatorenhorizonts niemand etwas mit dieser Bezeichnung anzufangen weiss. Noch strenger genommen konnten Sie in der Causa auch gar nicht “w.o”, walkover geben, sondern haben ein sattes “walkover” bekommen, da der sprachliche Kontrahent mangels richtiger Schreibweise gar nicht erschienen ist.