Falter 33/2002 vom 14.08.2002.
Liebe Frau Andrea,
warum bestellt James Bond seinen Martini immer “geschüttelt, nie gerührt”? Ist das nur ein Gschichtl, dass der Martini dann anders schmeckt, wie mir mein Freund erklärt?
Liebe Grüsse, Nina, Internet
Liebe Nina,
Kenner der Bond’schen Drinkgewohnheiten versichern, dass es fundamentale Unterschiede in den beiden Zubereitungsarten gibt. Ein Martini der „geschüttelt” wird, anstatt “gerührt” triebe den “Geist im Martini aus”. Geübte Martinitrinker schwören: Das Schütteln ändert den Geschmack des Getränks. Weil ein Martini (oder Wodka Martini in diesem Fall, denn der klassische non-Bond-Martini wird mit Wermut gemischt) innerhalb von Sekunden nach der Zubereitung getrunken wird anstatt nach Minuten, gibt es tatsächlich einen Unterschied. Die kleinen Luftblasen – verursacht durch den Prozess des Schüttelns – bewirken, daß ein gut geschüttelter Martini bewölkt ist. Das hat auch einen Effekt auf die Beschaffenheit des Getränks – es ist weniger ölig als die gerührte Version und schmeckt nach Auskuft von Bondisten tatsächlich anders. Das Gerücht, daß der Gin durch den Prozeß ausgetrieben wurde, ist offenbar Unsinn, denn wohin sollte sich der Gin bei gleichbleibendem Volumen verflüchtigen? Klassische Martinitrinker, die im Gegensatz zu James Bond Wermut statt Wodka in den Gin mischen lassen, schätzen widerum den „erweichenden und reifenden“ Effekt der teilweisen Oxidation der Aldehyde im Wermut. Dieser Prozess entspricht dem Atmen des Rotweins. Ein sedimentierter Qualitätswein würde durch solche Savagerien ruiniert, aber James Bond- Autor Ian Fleming schreibt über “Befriedigung, nicht Verführung” der Geschmackknospen. Auch ein raffiniertes, homogenes und weinloses Substrat wie Wodka Martini á la Bond, kann durch gute Erschütterung “getuned” werden, wie besondere Auskenner den Prozess beschreiben.