Falter 05/2002 vom 30.01.2002.
Hochverehrte Frau Andrea,
seit Monaten frage ich mich heftig, warum in den Innenstadtstationen der U1 beständig ein leichter Fäkaliengeruch das Riechorgan des Fahrgasts beleidigt. Jetzt frage ich Sie – im Vertrauen auf Ihren fast schon berühmt gewordenen Spürsinn bei der Suche nach Antworten auf knifflige Fragen.
Florian Kleedorfer, Wien IX
Lieber Florian,
seit der Römerzeit gibt es ein zweites Wien, das sich wie ein Pilzmyzel unter der Erde ausbreitet. Im Mittelalter, so erzählen die Chronisten, sei dieses unterirdische Wien grösser gewesen, als das oberirdische. 5geschossige Keller waren keine Seltenheit. Beim Bau der U-Bahnröhren unter der Innenstadt wollte man auf dieses unterirdische Wien keine Rücksicht nehmen. Uralte Kellerlabyrinthe wurden zerstückelt und was immer sich in ihnen befand, für immer versiegelt. Was den von Ihnen inkriminierten Geruch betrifft, liegt höchstwahrscheinlich das simple Abwasserrohrgebrechen einer U-Bahntoilette nahe. Eine kleine Chance bestünde allerdings, daß der Gestank einer der vielen, in dieser Gegend angelegten Pestgruben entkommt. Mein Tip: Parfümieren Sie sich für Fahrten mit der U1 oder führen Sie einen der beliebten “Wunderbäume” mit sich. Glück auf!
Liebe Frau Andrea,
vor kurzem wagte ich es, nach siebenjährigem Boykott, einen Zahnarzt aufzusuchen. Und siehe da: der erste Weisheitszahn ist weg, die anderen sollen in regelmäßigen Abständen ins Zähne-Nirwana folgen. Ist es so, dass ich nun stückchenweise meine Weisheit verliere oder einfach lästige Zähne loswerde und in ca. 3,5 Jahren (diese Schmerzen!!) über all das lachen kann?
Liebe Grüße,
Barbara Lass, 1070 Wien
Liebe Barbara,
sie müssen sich nicht fürchten. Die Weisheit wurde im Gehirn lokalisiert. Zähne dienen der Zerkleinerung von Nahrung. Sogar Weisheitszähne waren ursprünglich dafür vorgesehen, befinden sich aber auf dem Abstellgleis der Evolution.