Fensteriöses

Falter 42/2001 vom 17.10.2001.

Liebe Frau Andrea!

letztes Wochenende war ich in Graz und wie ich da so durch die Altstadt schlendere, fällt mir auf, dass die Fenster der meist barocken alten Häuser alle nach Innen aufgehen. Auch die Aussenfenster. Das wäre nicht so verunderlich, weil ja die meisten Fenster der meisten Häuser auf dieser Welt nach innen aufgehen. Man kann sie so auch besser Putzen. Das erstaunliche aber, und das fiel mir ausgerechnet bei diesem Stadtspaziergang durch Garz auf: In Wien gehen die Aussenfenster aller alten barocken Häuser nach aussen auf! Dachte ich jedenfalls, mich erinnern zu können. Ich bin also heute morgen extra durch die Gegend um den Jesuitenplatz, und dann weiter durch die innere Stadt gehirscht, um nachzusehen. Und siehe da: In Wien gehen die Fenster aller alten Barockpalais ausnahmslos nach Aussen auf. Und zwar völlig unabhängig vom Baumeister. Galt es in Wien als besonders schick, Fenster zu haben, die nach aussen aufgehen und so schwerer zu putzen sind?

Liebe Grüsse, Bettina Moser, Internet

Liebe Bettina,

die Fenster der alten Wiener Häuser gehen tatsächlich alle nach Aussen auf und wie sie richtig vermuten, hat das gute, wenn auch dem kommoden Fensterputzen abträgliche Gründe. Weil Wien, im Gegensatz zu vergleichbaren barocken Metropolen schon von alters her von einem, manchmal sehr unangenehmen, stets aber starken Wind Wind durchfegt wird, mussten die Baumeister ein Fenstermodell verwenden, das nicht vom Sturm eingedrückt werden kann. Aus diesem Grund wurden in Wien die Fensterflügel traditionell so angeschlagen, dass sie nach Aussen aufgehen. Dieser Typus hat von den Architekturhistorikern sogar einen eigenen Namen bekommen: Wiener Kastenfenster.

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