Falter 29/2001 vom 18.07.2001.
Liebe Frau Andrea,
Ich habe vor kurzem Urlaub auf dem Bauernhof gemacht. Auffallend waren die vielen Fliegen überall. Am leidtragendsten sind wohl die Kühe. aber sind sie es wirklich? Wer ist wem lästiger? Die Fliege der Kuh oder umgekehrt? Die Fliege kommt ja nie zu einer Verschnaufpause, bei der ständigen Wedelei.
David Schapiro, 40,
Sackstrasse, Graz
Hallo David,
wie aufmerksam! Sie haben gut beobachtet! Da gehen Generationen von Menschen in Kuhställe, melken und misten und niemand fällt was auf. Nicht den Insektologen, nicht den Kuhbesitzern, nicht den Tierschützern. Hat das Kuhschwanz-Fliegen-Problem je auch nur eine leise vorgetragene bäuerliche Frage, geschweige denn einen einzigen landwirtlichen Aufschrei des Staunens hervorgerufen? Sie sitzen direkt davor, die Kuhhirten und Milchproduzenten und was tun sie? Lächerlich knisternde Insektengriller hängen sie auf und Fliegenfänger aus den Fifties. Der tierpsychologische Aspekt des Kuhschwanz-Fliegen-Problem ist dem Stallpersonal jedoch schnuppe blunzen. Aber keine Angst, David, so schlimm, wie sie befürchten ist die Sache nicht. Fliegen haben nämlich grossen Spass an der Sache. Für Fliegen ist das Navigieren um den Kuhwedel Volkssport. Sie empfinden dabei ähnliche Lust, wie unsereins beim Fahren auf der Hochschaubahn. Die Kuh widerum, man möchte es garnicht glauben, empfindet nahezu gar nichts beim Fortwedeln der lästigen Fliegen. In einer Art stiller Demut fügt sich die Kuh in das spassige Treiben der vergnügungssüchtigen Fliegen und stellt sich in den Dienst der lusthungrigen Fluginsekten. Lassen Sie sich also beruhigen, David und klatschen Sie beim nächsten Besuch im Kuhstall wild in die fliegenden Freunde. Sie werden es ihnen mit grossem Lustgewinn danken.