Von Adam und Eva

Desktop-Publishing Ein neues, nützliches Handbuch bedient sich biblischer Figuren, um Komplexes auf einfache Weise verständlich zu machen.
Manchmal ist es ganz praktisch, gleich bei Adam und Eva anzufangen, wenn es darum geht, ein Paradies zu erobern. Wenngleich es kaum trockenere Inhalte wie die Manipulation von Bits und Bytes (die Elementarteilchen moderner grafischer Kommunikation) geben dürfte, gelingt es dem Autor Christian Zillner, der Illustratorin Gertraud Ömer und dem Editor Stephan Bittner überraschend gut, einen wanderbaren Weg durch ein, mittlerweile stark wucherndes Paradies an Geräten, Programmen, Formaten und Arbeitsabläufen zu schlagen. Das Paradies, um das es geht, heißt Desktop-Publishing oder kurz DTP.
Das DTP-Bibelchen beginnt also bei ADAM, wobei A soviel wie Absichten heißt, D soviel wie Daten, A wie Ansprüche und M wie Mittel. Weil aber ein Paradies, und schon gar ein publizistisches, mit ADAM alleine stark unterbevölkert wäre, hat sich das Autorenteam EVA ausgedacht. EVA, ohne die nichts geht im DTP. EVA also, was soviel wie Eingabe, Verarbeitung, Ausgabe bedeutet.
Adam und Eva begleiten uns, wenn die Unterschiede zwischen Macs und PCs, zwischen Vektor- und Pixelgrafiken, Bildschirm und Druckdarstellung (ohne die sonst übliche, allzu große Fachsimpelei) erklärt werden. Eine Qualität des gut 200 Seiten starken Ordners mag auch das Nichtvoraussetzen jeglicher grafischer Vorkenntnisse sein. Weil nun die Autoren den Weg ins DTP-Paradies allzu biblisch auffassten, strauchelt der begleitende Text neben Adam und Eva über andere biblische Gestalten wie Behemoth und Leviathan und allegorischem Schnick-schnack der Sorte „Die erste Schöpfung war ein Vektor“ und „die Bilder der Welt wurden Pixelgrafik“.
BMP und BUS, CIE und CMYK, EPS und DPI, GIF und HTML, ISDN und LAN, PDF und RIP, SCSI und TIFF, URL, USB und ZIP… Im DTP-Paradies wimmelt es auch ohne Behemoth und Leviathan von dämonischen Bezeichnungen.
Um das Rad nicht stets aufs Neue erfinden zu müssen und auch wirklich „von der Schreibtischoberfläche aus zu veröffentlichen“ (wie man DTP umständlich übersetzen könnte), gilt es einen ganzen Wust an Hard- und Softwarestandards richtig zu bedienen. Die Autoren vermitteln das Wissen darüber mit einem verblüffend einfachen, überaus informativen und verständlichen System von Grafiken und Schaubildern, das komplexe Phänomene wie Druckvorgänge, Farbmanagement und den Umgang mit verschiedenen Dateiformaten zu erklären vermag. Der Wanderführer durchs DTP-Paradies kann auch selbsternannten Experten das eine oder andere bisher noch dunkle Wegerl erleuchten.
Auf den ersten Blick mutet das als spiralgebundener Ordner aufwendig gestaltete, farbgedruckte Werk wie ein religiöses Kinderbuch an. Bei näherer Betrachtung ist es gerade diese Simplikation, die sowohl Charme als auch Gebrauchswert der Desktop-Publishing-Fibel ausmachen. Sie sollte neben jedem Personal Computer stehen.
…………………
Bittner/Ömer/Zillner, DTP für alle. Der Weg ins Desktop-Publishing-Paradies. Spiralbindung im Ordner. Wien 1999 (Falter). 208 S., öS 358,
© Andrea Maria Dusl
Erschienen in „Falter“ 40/99 vom 6.10.1999 Seite 22

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert